Franziskaner - Winter 2023

19 FRANZISKANER 4|2023 verbunden mit diesem Ort ist das Weihnachtsfest 1223, ohne das Greccio wahrscheinlich keinen Platz im Gedächtnis der Menschen gefunden hätte. Dort inszenierte Franziskus das erste »Krippenspiel« und schuf damit einen Ort der Erinnerung an die Menschwerdung Gottes und damit auch an die Menschwerdung des Menschen. Orte der Erinnerung Betlehem und Greccio sind also zwei Orte der Erinnerung an die Geburt Jesu und die Menschwerdung Gottes, was sie miteinander verbindet. In Betlehem und in Greccio können täglich heilige Messen mit den Messtexten von Weihnachten gefeiert werden. Das ganze Jahr hindurch wird also an diesen beiden Orten Weihnachten gefeiert, und Weihnachtslieder erklingen. Der erste Biograf des heiligen Franziskus, Thomas von Celano, berichtet: »Aus Greccio wird gleichsam ein neues Betlehem.« (1 Cel 85,5) Franziskus hat das Weihnachtsfest in einer Zeit, in der dieses Fest immer mehr an Bedeutung verlor, durch seine innere Haltung und seine Inszenierung des Festes neu belebt und entscheidend geprägt. Es war wie eine neue Geburt des Weihnachtsfestes. Betlehem steht für viele Menschen sinnbildlich für das Weihnachtsfest. Mit der Geburt Jesu kommt Gott den Menschen sehr nahe, damals wie heute. Gott wird durch das Kind von Betlehem als liebend, heilend und aufrichtend erfahrbar. Er macht sich für uns ganz klein, und so müssen auch wir uns klein machen, ja bücken, wenn wir die Geburtskirche in Betlehem betreten wollen. Betlehem steht für diese Verbindung Gottes zu den Menschen, aber es steht auch leider immer noch für Konflikte und anscheinend unüberwindbare Grenzen. Seit der Zweiten Intifada und dem Bau der Mauer, der dadurch ausgelöst wurde und vor Terroranschlägen schützen soll, ist Betlehem nicht mehr ganz einfach zu erreichen. Obwohl Betlehem nur ca. 12 Kilometer von Jerusalem entfernt ist, dauert die Fahrt – auch aufgrund der Checkpoints – vergleichsweise lange. Mir kommt da immer wieder die Berliner Mauer in den Sinn. Die Mauer zwischen Betlehem und Jerusalem sowie die anhaltenden Auseinandersetzungen sind ein Grund dafür, dass Weihnachten wohl überall »besser« gefeiert werden kann als dort, wo Jesus geboren wurde. Gerade in diesem Jahr wird es so sein. Im Heiligen Land herrscht Krieg, ausgelöst durch die Angriffe und das Massaker der Hamas am 7. Oktober. Auch wenn sich die kriegerischen Auseinandersetzungen vor allem auf den Gazastreifen konzentrieren, werden die Glocken in Betlehem in diesem Jahr Blick auf Betlehem wenige Tage nach dem Terrorangriff der Hamas. Die 30-jährige Doktorandin Tsahala Sermoneta ist Mitglied der Gemeinschaft Combat First Response. Sie beobachtet von einem Außenposten das hinter der Mauer gelegene Westjordanland. Geburtskirche in Betlehem. Kaiser Konstantin der Große und seine Mutter Helena ließen den frühchristlichen Bau über der vermuteten Geburtsstätte Jesu Christi errichten. GEBURSKIRCHE © JOHANNES ROTH OFM

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