Franziskaner - Winter 2023

36 FRANZISKANER 4|2023 Johannes Roth OFM Almosen Fasten, beten, Almosen geben – diese drei Dinge gehören im Christentum, im Islam und auch im Judentum zusammen. Das Wort Almosen kommt aus dem Griechischen und kann mit Mitleid, Mildtätigkeit oder Erbarmen übersetzt werden. Deshalb wird es auch »milde Gabe« genannt. In den meisten Fällen handelt es sich um eine materielle Gabe für einen bedürftigen Menschen, ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten – zumindest nicht von der empfangenden Person. Jedoch ist in manchen Religionen damit die Erwartung eines geistlichen Vorteils oder einer Wertschätzung durch Gott verbunden. Im Christentum ist das Almosen ein Ausdruck der Nächstenliebe, aber auch eine Glaubensverpflichtung. Die Höhe des Almosens richtet sich nach den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Gebenden. Jesus rät, so wird es im Markusevangelium geschildert, einem reichen Mann, dass er alles verkaufen solle, was er hat, und es den Armen geben soll. Dann habe er einen Schatz im Himmel. Außerdem sagt Jesus laut dem Matthäusevangelium, dass man nicht damit prahlen soll, dass und wie viel man gespendet hat. Bereits im frühen Christentum gab es Sammlungen – »Kollekten« – für bedürftige Menschen in der Urgemeinde in Jerusalem. Die Mitglieder dieser Gemeinde, so wird berichtet, hatten alles gemeinsam und waren ein Herz und eine Seele (vgl. Apostelgeschichte 4,32). Ein Großteil der materiellen Güter der frühchristlichen Gemeinde war zur Versorgung der Armen bestimmt. Darüber hinaus setzte die Urgemeinde sieben Männer als Diakone ein, die sich um das Wohl der Witwen und Waisen sorgen sollten. Bis heute gibt es in jedem Sonntagsgottesdienst Kollekten für bestimmte Personenkreise und Anlässe, zum Beispiel für die Hilfswerke Adveniat, Misereor, Renovabis und Missio. Kinder und Jugendliche engagieren sich vor allem bei der Sternsingeraktion im Vorfeld des Dreikönigsfests am 6. Januar. Im Islam ist das Almosengeben (»Zakat«) die dritte Säule eines gottgefälligen Lebens. Musliminnen und Muslime sollen einen Anteil ihres Besitzes oder Einkommens an acht Gruppen abgeben. Diese werden in Sure 9, Vers 60 genannt: 1) die Armen; 2) die Bedürftigen; 3) alle, die die Almosensteuer Mit dieser Ausgabe endet unsere Reihe »Christlich/islamisch«. Wir werfen noch einmal einen Blick auf einen Aspekt, der das Christentum und den Islam miteinander verbindet. Dieses Mal geht es um das Thema »Almosen«. Zugegebenermaßen ist dies ein eher antiquierter Begriff. Heute würden wir wahrscheinlich »Spenden« sagen. In beiden Religionen spielt die Unterstützung von armen und hilfsbedürftigen Menschen eine große Rolle. © ASITYA SUTANA – PICTURE.ALLIANCE.COM/ABACA

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