10 FRANZISKANER 1|2024 bereite den Frieden vor. Geprägt vom Vorrang für Gewaltfreiheit sollen zivile Mittel der Konfliktbearbeitung und der Prävention gestärkt werden. Die sich heute ergebenden Positionierungen lassen sich als jesuanische Friedensethik und als konstantinische Friedensethik fassen. Auffällig dabei ist, dass die Kirchen in einer Minderheitenposition eher die Erstere, als Staatskirche eher Letztere vertraten – es also sehr an ihrer Position im Staat und ihrem Verhältnis zum Staat liegt, welcher Position sie den Vorrang geben. Einen konsequenten Pazifismus haben nur die Friedenskirchen der Quäker und der Mennoniten durchgehalten. Auch die Kirchen in der DDR haben im »Konziliaren Prozess« eine »vorrangige Option für Gewaltfreiheit« formuliert. Im Gegensatz zur EKD, die 1989 Wehrdienst und Zivildienst gleichermaßen als Friedensdienst einstufte, vertraten die Kirchen in der DDR seit 1965 die Auffassung, dass die Wehrdienstverweigerung ein »deutlicheres Zeichen des gegenwärtigen Friedensgebotes unseres Herrn« sei. Die Kirchen und ein ethisches Dilemma Im Jahr 2006 wurde eine Studie vorgestellt, in der 323 große Konflikte in den Jahren zwischen 1900 und 2006 analysiert wurden. Das interessante Ergebnis besagt, dass gewaltfreier Widerstand doppelt so häufig zum Erfolg geführt hat wie gewaltsamer Widerstand. Die Praxis aktiver Gewaltfreiheit ist somit nicht nur ethisch, sondern auch empirisch gut zu begründen. Daher vertreten beispielsweise der Internationale Versöhnungsbund und das Ökumenische Institut für Friedenstheologie einen konsequenten Pazifismus. Dies gilt ebenso für Church and Peace als europäisches ökumenisches Netzwerk von Friedenskirchen, christlichen Gemeinschaften, Kirchengemeinden, Ausbildungsstätten, Friedensorganisationen und Friedensdiensten. Ein breiteres Spektrum von Meinungen finden wir derzeit bei pax christi, wo Mitglieder sowohl für wie gegen Waffenlieferungen eintreten. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) unterstützt Waffenlieferungen an die Ukraine. Ihr Vorsitzender Georg Bätzing wies zum Auftakt der DBK-Frühjahrsversammlung im Februar 2023 in Dresden zugleich auf das ethische Dilemma hin, in dem sich die katholische Kirche befinde. Waffenlieferungen schafften keinen Frieden, der ließe sich nur durch Dialog erreichen. Das Dilemma, den Frieden zu suchen und zugleich Waffenlieferungen zu befürworten, lasse sich nicht auflösen. In der Erklärung der DBK heißt es: »In ihrer Lehre und in ihrem Handeln ist die Kirche der Gewaltlosigkeit Jesu verpflichtet. Auch in der Stunde der Bedrängnis muss sie deshalb der Versuchung einer schrankenlosen Gewaltanwendung entschlossen widersprechen. Gewalt und Gegengewalt, auch wenn sie legitim ist, treiben eine Spirale der Gewalt an, die diese regelmäßig außer Kontrolle geraten lässt. […] Es ist denjenigen, die die Entscheidung zu treffen haben, aber aufgetragen, präzise zu bedenken, was sie damit aus- und möglicherweise auch anrichten. Dies gilt gleichermaßen für die Befürworter wie für die Gegner von Waffenlieferungen.« Im neuen Friedenswort der deutschen Bischöfe »Friede diesem Haus« vom 21. Februar 2024 bestätigen sie ihre Position: »Als wir uns am 10. März 2022 mit unSchwarze Kreuze für verstorbene Kinder im Ukraine-Krieg werden während einer Demo am Heumarkt in Köln aufgestellt. Nach Angaben der ukrainischen Behörden sind seit Kriegsausbruch 358 ukrainische Kinder durch Bomben ums Leben gekommen. © CHRISTOPH HARDT – PICTURE.ALLIANCE.COM
RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=