28 FRANZISKANER 1|2024 Eine aktive sozialkritisc Sein Testament, mit dem er das Wesentliche der Lebensform der Minderbrüder zusammenfasste, damit es auch nach seinem Tode gewahrt wird, beginnt Franziskus mit der Schilderung seiner Begegnung mit Aussätzigen. Es war das entscheidende Ereignis seiner Bekehrung zu einem Leben der Buße. Diese kurze Darstellung endet mit den Worten: »Und danach hielt ich eine Weile inne und verließ die Welt.« Mit dieser Erzählung gab Franziskus den Rahmen für die zukünftige Lebensform der Brüder vor: Ein Leben der Buße, des barmherzigen Umgangs mit den Aussätzigen und der Ausstieg aus der politisch, gesellschaftlich und kirchlich vorgegebenen Welt Assisis sollten den Ausgangspunkt für das Leben der Brüder und Schwestern bilden. Die meisten biografischen Erzählungen des Franziskuslebens, und auch moderne Interpretationen der Aussätzigenbegegnung, deuten dies theologisch und spirituell. Darauf, dass dieses »Und danach hielt ich eine Weile inne und Ereignis auch eine soziale Dimension enthält und Konsequenzen für das soziale und gesellschaftspolitische Verhalten der frühen franziskanischen Bewegung mitbrachte, hat der kürzlich verstorbenen kanadische Historiker und Franziskanologe David E. Flood OFM (1929–2024) aufmerksam gemacht. Er hat die theologische und spirituelle Interpretation durch den Blick auf die soziale Dimension bereichert. Um diese zu erforschen, hat er die sozialen Konsequenzen der früh-franEin Beispiel für die radikale Abkehr von den Vorrechten der herrschenden Klasse und der Hinwendung zu einem Leben der Buße und des barmherzigen Umgangs mit den Randständigen seiner Zeit: Der heilige Antonius von Padua (1195–1231) bei der Aufnahme in den Franziskanerorden. © HERITAGE IMAGES – PICTURE.ALLIANCE.COM
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