29 FRANZISKANER 1|2024 he Bewegung Johannes-Baptist Freyer OFM verließ die Welt« ziskanischen Lebensform herausgearbeitet, die sich aus dem Selbstverständnis der ersten Brüder als Arbeiter und Friedensboten und ihrer alternativen Verortung in der damaligen Welt ergaben. Die Wirkungsgeschichte dieser ursprünglichen Lebensform hat er exemplarisch durch die Erforschung der Schriften des Franziskaners Petrus Johannis Olivi (ca. 1247–1298) aufgezeigt. Seine Forschungsarbeit soll in diesem Jahrgang in der Rubrik »Franziskanische Geschichte« gewürdigt werden. Ein Bußleben in den Fußspuren Jesu Christi Wenn Franziskus im Zusammenhang mit seiner Bekehrung davon spricht, er habe die Welt verlassen, so ist damit die politische, soziale und kirchliche Welt seiner Familie, die dem aufstrebenden Bürger- und Händlertum angehörte, sowie seine zum Handelszentrum aufstrebende Heimatstadt Assisi gemeint. Er verließ die Welt der innerstädtischen Auseinandersetzung zwischen Stadtadel und neureichen Bürgern. Ebenso verließ er die Welt der politischen Gruppierungen, der Parteigänger des Kaisers und der Vertreter der Besitzansprüche des Papsttums. Noch als junger Mann war Franziskus in diese Auseinandersetzungen involviert. Der Bekehrungsprozess, den er nach seiner Gefangenschaft in Perugia durchmachte und der in der Aussätzigenbegegnung gipfelte, führte schließlich in ein Bußleben in den Fußspuren Jesu Christi. Doch er war nicht einfach nur ein Aussteiger. Auf das Evangelium hörend entdeckte er Schritt für Schritt seine alternative Lebensform, die Brüder und Schwestern anzog, die wie er ihre bisherige Welt verlassen wollten. In der kleinen Welt von Assisi und im größeren Umbrien ging es vor allem um das »bonum«, das Hab und Gut, die Vermehrung von Reichtum und Besitz, die Durchsetzung von Vormachtstellungen und die Festigung von Herrschaft. Wer bei der einen oder anderen der herrschenden Gruppen dazugehören wollte, musste sich an der Durchsetzung dieser Interessen beteiligen. Wer selbst nichts besaß, musste sich verdingen, um so wenigstens das Überlebensnotwendige zu erhalten. Aber selbst die Knechte, Tagelöhner und Dienstleute förderten zwangsläufig durch ihre minimal bezahlte Arbeit das vorherrschende System. Andere, wie Aussätzige und Bettler, die durch ihre Lebenssituation dem »bonum« Assisis nicht dienen konnten oder sogar eine Gefahr dafür darstellten, wurden ausgegrenzt. Zwar war es eine religiöse Verpflichtung, diese Armen und Leprösen durch Almosen zu versorgen, aber diese Almosen stellten nur eine Abmilderung der durch das wirtschaftliche und politische System verursachten Schäden dar. Das etablierte System selbst war die Ursache der Verarmung, der Versklavung durch Verschuldung und der Ausgrenzung.
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