33 FRANZISKANER 1|2024 auch schwierige Zeiten miteinander gehabt, da war nicht nur ›Friede, Freude, Eierkuchen‹! Aber wir haben immer gespürt, dass da etwas ist, was uns zusammenhält«, so die Erfahrung von Heike Hesse. »Ich habe bei den Franziskanern damals eine geschwisterliche Kirche erlebt, und das besteht bis heute fort. Wir sind sehr unterschiedlich, aber wir können das als Bereicherung erleben.« Thomas Griese bestätigt: »Die Grundlage, die Bruder Othmar Brüggemann damals mit seinem Bibelkreis gelegt hat, die trägt uns bis heute. Wie damals beschäftigen wir uns im San-Damiano- Kreis alle zwei Wochen mit dem Wort Gottes und damit, was das mit unserem Leben zu tun hat. Das braucht keine Bestätigung oder Kommentierung durch einen Theologen. Dieser franziskanische Geist der Offenheit und Freiheit, – diese Lebendigkeit – das tut mir gut.« Bei dem alle zwei Wochen stattfindenden San-Damiano-Kreis mit Bibelteilen oder einem Wortgottesdienst trifft sich eher der Kern des Kreises. Zweimal im Jahr finden Wochenendveranstaltungen statt. »Außer in der Karenzzeit im Jahr nach dem Weggang der Franziskaner haben wir immer die Begleitung durch einen Franziskaner gehabt, der an den Wochenenden dabei war. Früher war Pater Ubald Hausdorf mit uns unterwegs, seit 2011 begleitet uns Bruder Korbinian Klinger«, hebt Helmut Hesse eine für ihn nicht unwesentliche »Zutat« zum langfristigen Bestehen des Kreises hervor. Wichtig ist es vermutlich auch, etwas miteinander zu tun. »Eine besondere Veranstaltung sind die jährlichen Friedenswege, die wir seit 2001 initiieren. Daran nehmen hier in Attendorn immer viele Menschen teil. Dabei werden die verschiedenen Konfessionen und Religionen in einen Rundweg durch die Stadt miteinbezogen, und an den verschiedenen Kirchen und Gebetsstätten wird jeweils Halt gemacht«, fasst Angela Selter in groben Zügen die Aktivitäten des Kreises zusammen. Christian Griese ergänzt: »Neben dem Thema Frieden spielt die Achtung vor der Schöpfung nicht zuletzt auch bei unserer jährlichen Wanderung eine wichtige Rolle. Dabei zieht dann die Gruppe los und sucht sich am Abend irgendwo eine kostenlose Herberge in dem Vertrauen auf gastfreundliche Menschen. Das hat bisher immer geklappt. Überhaupt muss unser Glaube nicht in geschlossenen Räumen gelebt werden. Eine schöpfungsorientierte Spiritualität, das Draußensein, die Mitgeschöpflichkeit gehören für mich dazu.« Beim Jahrestreffen kurz vor Weihnachten wird jeweils über das neue Jahresprogramm beraten. Dieses Jahr steht es unter der Überschrift ›Wofür brennst du?‹. Was die Gruppe kennzeichnet und wohl über die 25 Jahre am Leben gehalten hat, ist für Heike Rawe eine große Beweglichkeit, die Bereitschaft, Neues auszuprobieren und dem Wandel gegenüber offen zu sein. »Wichtig ist dabei die Haltung, die Franziskus seinen Nachfolgern im Amt der Minister mitgegeben hat, nämlich den Brüdern nie etwas vorzuschreiben, was gegen ihr Gewissen oder gegen ihre Seele sprechen würde. Wir haben einen respektvollen Umgang untereinander. Gegenseitige Wertschätzung ist uns ein großes Anliegen – und auch unsere große Stärke. Das beinhaltet, dass Gedanken geäußert werden können, ohne dass eine Bewertung stattfindet. Dass auch gegensätzliche Meinungen nebeneinander stehen bleiben können.« Maria Griese-Schulte hebt hervor, dass die Gruppe keine Vereinsstruktur mit Satzung braucht und dass vermutlich die flache Hierarchie und das geringe Reglement zum Überleben des Franziskuskreises beigetragen haben und den einladenden Charakter stärkten. »Es ist natürlich richtig, dass die Voraussetzung dafür ist, dass wir uns regelmäßig treffen und Vertrauen untereinander besteht. Dazu gehört auch das Vertrauen darauf, dass wir nicht alles alleine stemmen müssen und auf das Wirken des Heiligen Geistes hoffen dürfen.« Und zum Geheimnis des Überlebens der Gruppe gehört sicher auch der schlichte Satz, den Heike Hesse zum Ende des Nachmittags im Franziskanerhof sagt: »Gemeinsam können wir einander spirituelle Heimat geben.« ▶▶ www.franziskuskreis.de leben Vom franziskanischen Geist ist an diesem Nachmittag viel die Rede. »Dieser Geist war immer präsent, auch in all den schwierigen Phasen, bei Veränderungen der Struktur der Gruppe oder als die Klosterkirche abgerissen wurde und uns erst mal der Ort fehlte. Wir haben dann schnell gemerkt, dass es nicht die Steine sind, die uns zusammenhalten«, erinnert sich Helmut Hesse. Zum Kloster gehörte damals auch eine Kirche, die der Franziskuskreis in den ersten Jahren noch offen hielt. Heike Rawe ist sich heute sicher, dass selbst der schmerzliche Abriss der Kirche letztlich etwas Gutes hatte: »Der Unterhalt der Kirche hätte uns überfordert.« Viele derjenigen, die als Kinder mit ihren Eltern in den Kreis kamen, haben mittlerweile andere Perspektiven entwickelt und sind heute nicht mehr dabei. »Eine Jugend-Fußballmannschaft wie früher kriegen wir heute nicht mehr aufgestellt, aber das ist auch nicht schlimm, alles hat seine Zeit …«, meint Christian Griese, der vier Jahre alt war, als seine Eltern mit anderen den Franziskuskreis ins Leben riefen. Heute gehört der Lehrer zum Leitungsteam, das bei den Jahrestreffen des Kreises gewählt wird. Sein Vater Thomas Griese bestätigt: »Bei mehrtägigen Angeboten – zum Beispiel bei den Wanderungen – kommen punktuell deutlich Jüngere dazu. Aber im Grunde sind diejenigen, die neu dazukommen, meist in unserem Alter. Es ist ein Generationenprojekt. Aber das darf es auch sein.« Assisi-Reise als einer der Höhepunkte anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Franziskuskreises – internationale Begegnungen inklusive (die indischen Nonnen)
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