34 FRANZISKANER 1|2024 Franciscans International (FI) ist eine Organisation der weltweiten »Franziskanischen Familie« und hat einen allgemeinen Beraterstatus bei den Vereinten Nationen. Die Nichtregierungsorganisation unterhält Büros in Genf und New York und hat Zugang zu allen wichtigen UN-Gremien. Als Anwältin für Menschenrechte bringt FI Anträge ein und unterstützt Angehörige benachteiligter Gruppen, ihre Anliegen direkt vor den zuständigen UN-Gremien zu vertreten. www.franciscansinternational.org Franziskanische Stimmen für die Rechte aller Mensc Drei Jahre nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges kamen Staats- und Regierungschefs aus verschiedenen Teilen der Welt in der neu gegründeten Generalversammlung der Vereinten Nationen zusammen. Sie verkündeten, dass die angeborene Würde und die unveräußerlichen Rechte »aller Mitglieder der Menschheitsfamilie« die Grundlagen von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden sind. Zum ersten Mal in der Geschichte gab es ein internationales Paket von Rechten – anerkannt über Grenzen, Kulturen und Religionen hinweg –, die wir alle haben, einfach weil wir Menschen sind. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist auch heute noch ein einzigartiges Dokument. Um Mitglied der Vereinten Nationen zu sein, muss ein Land diese Erklärung anerkennen – im Unterschied zu den verschiedenen anderen Menschenrechtskonventionen, die folgten. Die Wirklichkeit sieht jedoch immer noch anders aus: Die Versprechen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sind für viele Menschen noch immer nicht Realität. Millionen Menschen auf der ganzen Welt leben beispielsweise weiterhin in extremer Armut und können sich nicht frei äußern. Gleichzeitig bemühen sich Millionen Menschen auf der ganzen Welt, genau das zu verändern. Für viele Franziskaner:innen hat gerade die Betonung der Menschenwürde in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte einen starken Widerhall in ihrem Glauben gefunden. Durch ihre Arbeit in den Kommissionen für »Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung« übernahmen sie nun auch noch eine andere Rolle: die der Menschenrechtsverteidiger:innen. Den Mächtigen der Welt die Wahrheit zu sagen, ist allerdings nie ohne Risiko. Viele Menschenrechtsverteidiger:innen, darunter auch Franziskaner:innen, wurden wegen ihrer Arbeit angegriffen. »Ich bin in den 1980er und 1990er Jahren in El Salvador aufgewachsen, in der Zeit des Bürgerkrieges. Damals fühlten sich viele dazu berufen, zu dienen und das Land zu verändern. Doch das hatte seinen Preis. Viele Priester, wie Erzbischof Óscar Romero oder Cosma Spessotto, wurden ermordet, weil sie sich für die Schwächsten einsetzten und zum Frieden aufriefen«, sagt Bruder René Flores OFM. »Mein Weg als Franziskaner begann in diesem schwierigen Umfeld, das mich herausforderte – aber auch inspirierte, mich für soziale Gerechtigkeit zu engagieren.« Diese Berufung brachte Bruder René dazu, sich an einer nationalen Kampagne zu beteiligen, die einen besseren rechtlichen Schutz für das Recht auf Wasser forderte. Denn mehr als 60 Prozent des verfügbaren Wassers in El Salvador sind verschmutzt, ein Großteil davon durch Bergbauaktivitäten. Im Dezember 2022 errang die Kampagne einen wichtigen Sieg, als die Privatisierung von Wasser verboten wurde. Allerdings brachte dieser Aktivismus die Unterstützer:innen in Konflikt mit mächtigen Wirtschaftsinteressen und führte zu Verfolgungen und Verhaftungen. Heute arbeitet Bruder René mit dem franziskanischen Netzwerk für Migrant:innen zusammen. Das Netzwerk widmet sich dem Schutz von Menschen, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Aber auch diese Arbeit ist nicht ungefährlich. Die Regierungen in Nord- und Südamerika stehen den Migrant:innen und allen, die sie unterstützen, zunehmend feindselig gegenüber. Gleichzeitig bedrohen kriminelle Banden und Kartelle, die auf die Ausbeutung von Migrant:innen aus sind, auch Mitglieder des Netzwerks. Sie sind nicht die Einzigen, die diesen Gefahren ausgesetzt sind. Das Human Rights Defenders Memorial, eine zivilgesellschaftliche Initiative, die Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger:innen dokumentiert, meldete 401 Morde allein im Jahr 2022. Besorgniserregend ist, dass diese Zahl über die Jahre hinweg stetig angestiegen ist, sogar während der Covid-19-Pandemie. Diejenigen, die sich für Umwelt-, Land- und die Rechte der Indigenen einsetzen, sind am stärksten gefährdet – dicht gefolgt von Verfechter:innen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit und der Rechte der Frauen. Gewalt ist nicht die einzige Gefahr, der sie ausgesetzt sind: Menschenrechtsverteidiger:innen werden häufig festgenommen, willkürlich inhaftiert oder mit fadenscheinigen Anklagen konfrontiert.
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