Franziskaner - Sommer 2024

10 FRANZISKANER 2|2024 Während meine Enkeltochter mit nackten Füßen über meine zur Aussaat vorbereiteten Beete läuft, erzählt sie mir, dass sie als Kind geglaubt habe, dass es unendlich viel Erdboden gäbe und dass er nichts besonderes sei. Schließlich sei er immer und überall da gewesen. Ihre eigene Naivität lässt sie grinsen. »Ich dachte, dass die Erde unendlich weit in die Tiefe reicht. Heute weiß ich, dass der fruchtbare Boden mit seinen vielen Lebewesen nur eine dünne Schicht ist, die auf anderen, unbelebten Schichten zum Beispiel Stein liegt, und dass es bis zu 2000 Jahre dauert, bis sich 10 cm guter Boden gebildet hat«, erzählt sie begeistert. Bevor sie sich mit dem Thema beschäftigte, sei in ihrer Vorstellung das, was sich da unten zu ihren Füßen befindet, sogar in gewisser Weise »Dreck« gewesen. »Ihr habt mir früher doch immer gesagt: ›Fass das nicht an, wühle nicht in der Erde rum, mach dich nicht schmutzig!‹«, rechtfertigt sie sich. Jetzt betrachtet der Teenager die Asseln, Springschwänze und Tausendfüßer, die sie unter einem Pflanztopf aufgescheucht hat, fast mit Ehrfurcht. Sie hat in letzter Zeit viel über das Thema »Boden« gelernt und weiß, dass fruchtbare Böden für die Menschheit überlebenswichtig sind. »Alle unsere Nahrungsmittel brauchen letztendlich gute Erde, und außerdem ist der Boden für den Klimaschutz wichtig, denn in gesunden Böden wird mehr CO2 gespeichert als im Wald«, weiß das Mädchen zu berichten, während wir im Garten arbeiten. »Ja«, bestätige ich, »und Böden sind ein knappes, nicht vermehrbares Gut. Daher ist es sehr schlimm, dass weltweit die Bodenfruchtbarkeit abnimmt, während es doch eigentlich für eine wachsende Weltbevölkerung genau andersherum sein müsste.« Als ich sie kurz darauf ins Haus rufe und verlange, dass sie sich die Füße wäscht, flachst sie: «Eben hast du noch gesagt, dass der Boden wertvoll ist und ich ihn nicht mit dem Unkraut wegschmeißen, sondern abklopfen soll, aber so kostbar, dass du ihn im Haus haben willst, ist er dann doch nicht, stimmt's?« Die Grundlage des Lebens Ich lache und freue mich, dass meine »Hilfsgärtnerin« die Erde in meinem Garten als etwas Wertvolles wahrnimmt und darüber staunen kann, dass Böden ein sehr artenreicher Lebensraum sind. »Mindestens ein Viertel aller Lebewesen der Erde ist im Boden zu Hause«, erkläre ich ihr. »Dazu gehören Mikroorganismen, Pilze, Algen und vielerlei Getier wie zum Beispiel die Regenwürmer, meine Freunde und Helfer im Garten. Das Zusammenspiel dieser verschiedenen Lebewesen ist notwendig, um Böden aufzubauen und zu erhalten. Das, was wir gemeinhin als ›Erde‹ bezeichnen, besteht aus verwittertem mineralischen Ausgangsmaterial, Wasser, Luft und organischer Substanz.« Dass die nicht gerade feucht wirkende Erde trotzdem fast zu einem Viertel aus Wasser und zu einem weiteren Viertel aus Luft besteht, erstaunt das junge Mädchen. »Und das, was du organische Substanz nennst, kommt aus deinem Kompost?«, fragt sie. »Dieses und vieles GRAFIK: BODENATLAS 2024, EIMERMACHER/STOCKMAR+WALTER KOMMUNIKATIONSDESIGN, CC BY 4.0 Das Universum zu Gesunde Böden sind die Grundlage unserer Existenz. Doch sie sind bedroht: Weltweit verschlechtert sich ihr Zustand. Kerstin Meinhardt BODENATLAS 2024 DESTATIS Siedlung Verkehr Landwirtschaft 9,5 % 5,1 % 50,4 % 3,4 Mio. Hektar Wald 29,9 % 10,7 Mio. Hektar sonstiges* 2,8 % 1,8 Mio. Hektar Gewässer 2,3 % 0,8 Mio. Hektar 18,0 Mio. Hektar WAS AUF BODEN STATTFINDET Flächennutzung in Deutschland, 2022 * Gehölz, Heide, Moor, Sumpf, Unland 1 Mio. Hektar Die nördlichen und östlichen Bundesländer haben den größten Anteil an landwirtschaftlicher Nutzfläche. Spitzenreiter ist Schleswig-Holstein mit 68 Prozent.

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