Franziskaner - Sommer 2024

12 FRANZISKANER 2|2024 Klimawandel, der häufig zu hohe Nutzungsdruck, die zunehmende Versiegelung sowie Schadstoffeinträge unsere nicht erneuerbare Ressource Boden und damit unsere Lebengrundlage bedrohen. Gesetzlicher Bodenschutz »Und was tust du dagegen?«, fragt mich meine Enkeltochter. Ich erzähle ihr, dass ich schon früh mit anderen gefordert habe, dass der Boden nach Wasser und Luft als drittes Umweltmedium unter Schutz gestellt wird. Und wie froh wir waren, als dies 1998 mit der Verkündung des Bundes-Bodenschutzgesetzes geschah. Doch in der Realität ist es nicht das umfassende Schutzgesetz, was erhofft war. Es ist mehr ein Gesetz, dass sich um den Umgang mit Altlasten und das Deponieren kontaminierter Böden kümmert. Richtig wäre es, wenn Bodenschutz nicht mehr hinter anderen Fachgesetzen anstehen würde. Vielmehr müsste ein Vorsorgeprinzip gelten, also die Verhinderung von schädlichen Bodeneingriffen. Der Verbrauch von Fläche könnte dadurch begrenzt werden, dass Bodenschutz in einem Ressourcenschutzgesetz einbezogen wird, das die Nutzung von Rohstoffen und den Ressourcenverbrauch Deutschlands gerechter regelt. Die Realität ist, dass sich in dem Vierteljahrhundert seit Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes der Zustand unserer Böden massiv verschlechtert hat. Der aktuelle Bodenzustandsbericht der Bundesregierung geht davon aus, dass im Schnitt jeder Hektar Boden in Deutschland jährlich etwa 200 Kilogramm Kohlenstoff verliert. Neben dem Verlust von fruchtbarem Oberboden und Bodenstruktur ist der oft nur indirekt sichtbare Verlust von Bodenleben und Bodenfruchtbarkeit mindestens genauso alarmierend. Auch europaweit ist es schlecht bestellt um den Bodenschutz. Obwohl die EU zwischen 2014 und 2020 geschätzt rund 85 Milliarden Euro für »nachhaltige Bodenbewirtschaftung« ausgegeben hat, geht es den europäischen Wiesen, Weiden und Ackerflächen schlecht. Laut EU-Kommission sind 60 bis 70 Prozent der europäischen Böden in keinem guten Zustand und verschlechtern sich weiter. Sie können wichtige Funktionen wie Wasserfilterung und -speicherung, Lebensraum für Tausende Arten verschiedenster Lebewesen, Nährstoffspeicher oder als Senke für CO2 nicht mehr erfüllen. Auf europäischer Ebene befassen sich gleich mehrere Strategien mit den Böden: die Europäische Bodenstrategie, die Strategie zu nachhaltigen Kohlenstoffkreisläufen und die Biodiversitätsstrategie. Doch im Gegensatz zum gesetzlich verankerten Schutz von Klima, Wasser und Luft ist ein umfassender Bodenschutz bislang nicht in eine EU-weite Rechtsform gegossen worden. Ich weiß, dass im Rat der EU gerade in dieser Angelegenheit viel von Deutschland, Österreich und den Niederlanden blockiert wurde. Meiner Enkeltochter erzähle ich davon lieber nichts, und auch nicht, dass aktuell das als umfassendes Bodenschutzgesetz angekündigte EU Soil Health Law zu einem Gesetz zusammenschrumpfte, das nur noch auf ein bloßes Monitoring des Zustandes der Böden abzielt. Biodiversität ist unsere Lebensversicherung »Ich tue, was ich kann«, antworte ich meiner Enkelin auf ihre Frage nach meinem Einsatz für fruchtbare Böden und zähle auf, was ich in meinem Garten mache: dass ich nur torffreie Erde kaufe, keinen synthetischen Dünger anwende und beim Pflanzenschutz auf giftfreie Lösungen setze und dass ich vorhabe, meine Beete künftig im Winter nicht mehr nackt liegen zu lassen, sondern für Dauerbegrünung sorgen will. »Biodiversität ist unsere Lebensversicherung. Nächstes Jahr werden die Bodenlebewesen auch nicht mehr mit der Fräse durcheinandergewirbelt und zum Teil getötet«, verspreche ich. Dass ich heimische, insektenfreundliche Pflanzen aussähe und auch sonst für Insektenschutz und Artenvielfalt sorge, weiß sie. Ebenso bekommt sie mit, dass ich das Meine dazu tue, um weniger Plastikmüll zu produzieren, denn Mikroplastik ist längst in unseren Böden und Gewässern angekommen und stellt nochmals eine ganz eigene Problematik dar. Aber auch mich beschleicht das Gefühl, dass das nicht genug ist. »Ich setze mich auch politisch dafür ein! Zum Beispiel, dass unsere Kommune Feldrandhecken und -gehölze pflanzt und dass das Wiedervernässen von Mooren vorangeht oder die Verschotterung von Vorgärten und Versiegelung von Flächen – so gut es geht – verhindert wird. Und nicht zuletzt unterstütze ich den ökologischen Landbau durch meine Kaufentscheidungen«, beteure ich. »Meinst du, das reicht?«, fragt meine Enkeltochter und guckt mich zweifelnd an. »Mit Gottes Hilfe«, sage ich und weiß, dass es viel Hoffnung braucht bei dem Zustand der Welt. »Ich bin jedenfalls froh, dass ich mich nicht alleine dafür einsetze, sondern dass es viele sind«, antworte ich ihr und bin dankbar, dass sich nun auch schon die Enkelgeneration für einen guten Umgang mit »Mutter Erde« interessiert. BODENATLAS 2024 GDV 50,5 48,4 47,3 47,1 46,8 45,0 44,6 42,1 42,0 41,9 40,9 40,7 36,1 36,0 49,3 44,9 BEBAUT, BETONIERT, ASPHALTIERT Durchschnittlicher Versiegelungsgrad in Siedlungsgebieten je Bundesland, 2023, in Prozent Ob durch Straßen, Häuser oder sonstige Infrastruktur: Versiegelter Boden kann kein Wasser mehr speichern – und ist luftdicht abgedeckt. Das Bodenleben erstickt GRAFIK: BODENATLAS 2024, EIMERMACHER/STOCKMAR+WALTER KOMMUNIKATIONSDESIGN, CC BY 4.0

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