15 FRANZISKANER 2|2024 Das erinnerte mich an ein tolles Buch von David Montgomery mit dem deutschen Titel »Dreck«. Der US-Amerikaner beschreibt, wie die Hochkulturen untergegangen sind durch Erosionsereignisse. Die Römer haben zum Beispiel wegen einer wachsenden Bevölkerung zunehmend Hänge entwaldet, um dort Ackerbau zu betreiben. Die Folge war, dass der schlechtere Boden von den Hängen weggewaschen wurde und den guten Boden unten im Tal überlagerte. Allein in Deutschland gehen der Landwirtschaft im Durchschnitt pro Jahr und Hektar zehn Tonnen fruchtbarer Boden durch Erosion und Humusabbau verloren. Dem gegenüber steht ein jährlicher natürlicher Bodenzuwachs von nur etwa einer halben Tonne pro Hektar. Das bedeutet, dass der Boden rund 20-mal schneller zerstört wird, als er nachwächst. Dieses Ungleichgewicht ist schon lange bekannt. Wir treten die Erde buchstäblich mit Füßen! In Deutschland versiegeln wir nach wie vor eine Fläche so groß wie 50 Fußballfelder pro Tag. Im Großen wird irgendwo eine Autobahn oder ein Industriegebiet gebaut. Aber auch im Kleinen handeln wir nicht anders: Wir betonieren unsere Terrasse schön dicht, wir bauen einen Carport und machen gleich noch den Weg dorthin. Es werden Neubaugebiete ausgewiesen, statt zu überlegen, wie wir die bestehenden Gebäude umnutzen können, um den Wohnungsbedarf zu decken. Wie könnten wir denn unsere Böden so bearbeiten, dass es nicht zum Verlust der Bodenfruchtbarkeit kommt? Ich suche für manche Bereiche auch bei uns noch nach einer Lösung. Jeder muss für seinen Boden seine Hausaufgaben machen und das vor dem Hintergrund der Klimaveränderung. Im letzten Jahr hatten wir eine ausgeprägte Frühsommertrockenheit. Wir haben hier die Möglichkeit zu bewässern, also haben wir bewässert. Und dann kommt eine ewig lange Regenperiode während der Ernte, das heißt, die normalen Abfolgen gelten nicht mehr. Wir müssen also überlegen, wie wir unsere Landbausysteme daran anpassen können. Was ich beobachte, ist, dass das Ausbringen von organischem Material – auch in Form von Mist und Gülle – dem Boden was zurückgibt. Die Lebewesen und Organismen, die im Boden sind, nehmen das auf, bauen es um und in Bodenaggregate ein. Dadurch wird der Boden stabiler, Humus wird aufgebaut, die Krümelstruktur wird besser, das heißt, die Wasseraufnahmefähigkeit und -haltefähigkeit steigt. © EVA NEULS gelingen kann Was machen Sie konkret auf dem Bauckhof Stütensen anders, um lebendigen Boden zu erhalten? Unsere sandigen Böden sind verhältnismäßig grobporig. Das Wasser geht einfach durch. Deshalb ist der Humus so wichtig. Humus ist organisches Material, das wie ein Schwamm wirkt, Wasser aufnimmt, Nährstoffe aufnimmt, die Böden fruchtbar macht, sie so verbaut, dass nichts weggewaschen oder weggeweht wird. Unser Ziel ist, dass der Acker immer grün ist. Fruchtfolgen und ihre jeweiligen Nährstoffbedarfe spielen eine Rolle. Durch eine zu einseitige Bepflanzung würden die Böden ausgelaugt. Ich Unser Interviewpartner Jakob Schererz (*1985) zeigt die breite fruchtbare obere Bodenschicht seiner an sich eher sandigen Böden. Der Landwirt ist in Dortmund aufgewachsen und hat seinen Zivildienst auf dem Bauckhof Stütensen gemacht. Zu dem biologisch-dynamischen Betrieb mit 200 Hektar Land gehört eine sozialtherapeutische Einrichtung, in der 46 Menschen mit Assistenzbedarf leben. Nach einer landwirtschaftlichen Lehre im Ökolandbau, bei der er mehr als 60 Betriebe im norddeutschen Raum kennengelernt hat, studierte Jakob Schererz ökologische Landwirtschaft. Heute ist er Geschäftsführer des Demeterhofs Stütensen.
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