Franziskaner - Sommer 2024

20 FRANZISKANER 2|2024 GRAFIK: BODENATLAS 2024, EIMERMACHER/STOCKMAR+WALTER KOMMUNIKATIONSDESIGN, CC BY 4.0 dass Landraub häufig mit Wasserraub einhergeht. Das heißt, den Einheimischen fehlt es am Ende nicht nur an Land, um eigene Lebensmittel anzubauen, sondern auch an Wasser. Darüber hinaus werden häufig Pestizide eingesetzt, die das noch vorhandene Wasser ungenießbar machen und zu schweren Krankheiten führen können. Ähnlich gelagerte Fälle finden sich auch in Südamerika. Die Abholzung des Regenwaldes am Amazonas führte zur Vertreibung ganzer Gemeinden in Peru. Wie viele Menschen durch den Widerstand gegen Landraub ihr Leben verloren haben, ist unklar. Immer wieder wird jedoch von Gewalt und Todesopfern berichtet. Der BUND stellt im Bodenatlas 2024 fest, dass seit 2012 mehr als 1.900 Menschen bei Konflikten um einen gerechten Zugang zu fruchtbarem Boden getötet wurden. Ein weiterer Aspekt von Landraub kann in Europa beobachtet werden. Zum Beispiel in Rumänien, wo die Besitzverhältnisse oft unklar sind. Das Land wird eher an große Unternehmen verkauft als an die dort lebenden Kleinbauern. Rumänien ist übrigens das Land, in dem bis 2015 die zahlenmäßig meisten Investitionen deutscher Agrarunternehmen getätigt wurden, die flächenmäßig umfangreichsten außerhalb Europas finden sich in Sambia. Auch in Ostdeutschland gibt es große Flächen, die von Großunternehmen aufgekauft wurden. Vor allem im Zuge der Wirtschaftskrise und de Zusammenbruchs vieler Märkte wurde Agrarfläche als Investition immer attraktiver. Allerdings ist die Vorstellung, dass dieser Boden für die Herstellung von Nahrungsmitteln für die Weltbevölkerung genutzt wird, falsch: 70–75 % der Nahrungsmittel werden von Kleinbauern und Familienbetrieben hergestellt. In Deutschland kontrollierten im Jahr 2021 Unternehmensgruppen, also Investoren, 11 % der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche. Da es sich dabei um große Flächen im Besitz weniger handelt, kassieren diese Agrarholdings auch den Großteil der EU- Subventionen. Die Subventionen der EU richten sich nach der Hektarzahl, daher gehen die meisten Kleinbauern leer aus, denn sie besitzen zu geringe Flächen, um ein Anrecht auf die Subventionen zu haben. Die Zeitschrift »agrarheute« berichtete 2021, wer die reichsten Bauern Deutschlands sind. Interessant dabei: Es handelt sich bei ihnen nicht um Bauern, sondern um Unternehmen, die ursprünglich ihr Geld nicht mit Landwirtschaft verdient haben. Bekannt ist die Deutsche Agrar Holding (DAH), die ein Tochterunternehmen der Gustav-Zech-Stiftung ist, einer Bau- und Beteiligungsfirma. Als reiche »Bauern« zu nennen wären weiterhin der Versicherungskonzern Münchener Rück, das Pharma-Unternehmen Merkle, der Remondis-Gründer Rethmann, der Heiztechnik-Hersteller Viessmann, der Möbelfabrikant und Mischkonzernbesitzer Steinhof, der Großindustrielle Silvio Die reichsten Bauern in Deutschland sind gar keine Bauern, sondern große Agrarholdings. Sie kassieren den Löwenanteil der Subventionen. KAPITALANLAGEN Transnationale Landverkäufe zwischen 2000 und 2022, in Hektar Abgeschlossene Verkäufe zu landwirtschaftlicher Fläche, inklusive Forstfläche und Energiepflanzenproduktion; ab einer Größe von 200 Hektar BODENATLAS 2024 LANDMATRIX 12.762.539 10.001.642 31.039.765 8.635.843 Verkäufe je Land in Millionen Hektar 0,4 bis unter 1,0 1,0 bis unter 1,3 1,3 bis 1,6 3,4 5,0 26,4 Asien und Ozeanien Afrika Osteuropa und Russland Lateinamerika und Karibik Russland Ukraine Rumänien Laos Kambodscha Indonesien Papua-Neuguinea Äthiopien Sudan Demokratische Republik Kongo Madagaskar Mosambik Liberia Sierra Leone Brasilien Guyana Argentinien Uruguay Ghana Myanmar Regionen mit schwachen staatlichen Strukturen sind besonders von Landgrabbing durch internationale Investorinnen und Investoren betroffen

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