24 FRANZISKANER 2|2024 Geistlicher Wegbegleiter Sommer 2024 Mit Gott anstoßen Das wäre was: Gott als Kollegen bei mir auf dem Balkon sitzen zu haben, mit einer Falsche Bier anstoßen, auf Du und Du, auf Augenhöhe, sehr vertraut mit ihm ins Gespräch zu kommen. Nach der Arbeit. Über das Leben. Über alle Höhen und Tiefen des Lebens nachzusinnen, über Nachvollziehbares und Ungereimtes zu sprechen. Ohne Antworten zu erwarten, oder vielleicht doch, denn nach dem Beten möchte ich klarer sehen und vielleicht etwas mehr verstehen von dieser Welt und meinem Menschsein. Geht das? Ist es überhaupt denkbar, ihn mit einem Kollegen oder Freund zu vergleichen? Ist er nicht mehr? Anders? Suche ich nicht nach einem Gott, der als Vertrauter zu meinem Leben gehört? Es mag gerade dieser Verlust der einfachen Begegnung mit Gott sein, der zu dem Wunsch führt, ihn doch einfach vor mir zu sehen und ihm alles entgegenzuhalten, was mich beschäftigt: der Dank für einen Augenblick, die Freude über Gelungenes, den Zweifel, der sich nicht ausschalten lässt, die Trauer, die mein Herz ergreift. Das ist doch beten: ohne Sprechverbot alles sagen dürfen, was ist. Worte zu finden für die Grunddimensionen des Lebens. Einen Zielpunkt zu haben, zu dem hin ich Dank und Trauer, Freude und Zweifel, Klage und Angst bringen kann – eben wie zu einem Freund. Lieber Gott! Ich sitze hier auf meinem kleinen Balkon und sag: Komm, setz dich zu mir. Auf eine Flasche Bier. Habe ich für dich schon hingestellt, nimm dir die Zeit. Lass uns anstoßen und dann schweigen, was sollen wir reden über Beweise, ob du bist, du bist ja jetzt hier, auf meinem kleinen Balkon. Erklär dich mal, sag ich. Sag mir, was das soll mit dieser Welt, in der die Menschen nichts gelernt haben. Nichts aus der Vergangenheit, nichts von dir. Was soll ich dir sagen, sagst du. Alles, was ihr braucht, habt ihr bekommen. Einen Kopf zum Nachdenken und ein Herz, um zu prüfen, ob die Gedanken taugen. Und dazu zwei Hände, anzupacken und was draus zu machen. Wir stoßen an mit unseren Bierflaschen, und dann schweigen wir weiter, was gibt es auch zu reden. Es ist alles gesagt. Fürs Erste. Andreas Brands OFM Zum Nachdenken • Was möchte ich »Gott« in der Tiefe meines Herzens wirklich einmal sagen? • Habe ich den Mut dazu? Oder spüre ich eher Zurückhaltung, weil »man« das so nicht sagt?
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