25 FRANZISKANER 2|2024 Geistlicher Wegbegleiter Sommer 2024 Gott – wie bist du eigentlich? Zur Gottesfrage »Wer bist du?« gesellt sich als zweite oft die nach dem »Wie«. Sie gibt Auskunft über Güte und Qualität. Wenn ich nicht weiß, »wie« Gott eigentlich ist, kann ich mich nicht an ihn wenden. Wie in jedem Dialog so braucht es auch im Gebet eine Vorstellung voneinander, und diese Vorstellung prägt die Kultur des Miteinanders. Die Betenden befragen zuerst nicht Gott, sondern die Bilder über Gott, die sich im Laufe der Zeit angesammelt haben. Alte Bilder vom Bestrafer oder Belohner werden neben liturgische oder philosophische Bilder gestellt; die Anzahl von Annäherungen können vielfältig ergänzt werden. Am Ende der Litanei stellt sich die Frage, die zum Mittelpunkt des Gebets wird: Warum kann ich dich nicht lassen wie du bist? Du entziehst dich sowieso jeglicher menschlichen Vorstellung – und dennoch kann ich es nicht lassen dich, Gott, in meine Vorstellung hineinzupressen. Wissend um die Unverfügbarkeit Gottes lässt sich mit Augustinus nur festhalten: »Wäre er für uns begreiflich, so wäre er nicht Gott.« Es gibt den Erste-Hilfe-Gott, den Versicherungs-Gott, den Weihrauch-Gott, den Bestrafer-Gott, den Ach-das-ist-nicht-so-schlimm-Gott, den Mitmenschlichkeits-Gott, den Höchstes-Wesen-Gott, den Ordnungs-Gott den Belohner-Gott. Warum lasse ich dich, Gott, eigentlich nicht so zu, wie du wirklich bist? Das hätte wohl Konsequenzen! Für mich. Bruno Griemens Zum Nachdenken • Welches Gottesbild hat sich in meiner Glaubensbiografie verfestigt? • Was macht es mir schwer, Gott »Gott« sein zu lassen?
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