Franziskaner - Sommer 2024

35 FRANZISKANER 2|2024 Aufstehen gegen Rechtsextremismus – »Nie wieder ist jetzt!« Die demokratische Mehrheit in Deutschland scheint aufgewacht zu sein. Überall im Land demonstrieren Menschen aus den verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Milieus gegen wachsenden Rechtspopulismus und Rechtsextremismus und die damit verbundene menschenverachtende Ideologie. Auch zahlreiche christliche Gruppen und Gemeinden beteiligen sich aktiv daran. Mit der viel beachteten, einstimmig verabschiedeten Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz »Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar« hat die katholische Kirche ein eindeutiges Zeichen gesetzt. Doch so wichtig solche Positionierungen sind, der wachsende Einfluss rechter Parteien und Bewegungen auf das politische und gesellschaftliche Klima in Deutschland ist damit noch nicht gestoppt. Was jede und jeder tun kann, haben wir Matthias Blöser gefragt. Er berät seit über sechs Jahren vor allem evangelische Kirchengemeinden zum Umgang mit Rechtspopulismus und Rechtsextremismus – auch in den eigenen Reihen. Warum ist es Ihrer Meinung nach – vor allem auch im christlichen Kontext – wichtig, sich mit rechtspopulistischen bzw. rechtsextremen Aussagen zu beschäftigen? Solchen Stammtischparolen zu widersprechen, halte ich für einen kirchlichen und christlichen Auftrag. Das betrifft die Menschenwürde; christlich ausgedrückt das Gebot der Nächstenliebe und die Gottesebenbildlichkeit des Menschen. Wenn unsere Nächsten verächtlich gemacht werden, wenn ganze Gruppen abgewertet werden, dann ist das nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar. Wichtig ist dabei die Frage: Wann ist eine Schwelle erreicht, bei der die Kirchen sich deutlich positionieren müssen? Hier hat die Deutsche Bischofskonferenz auf ihrer letzten Vollversammlung mit der Erklärung zu völkischem Nationalismus ein wesentliches Kriterium benannt. Der völkische Nationalismus ist für mich der Gradmesser, an dem man festmachen kann: Ist etwas eher oberflächliches Gerede, oder handelt es sich um tief verwurzelte rechtsextremistische Einstellungen? Der völkische Nationalismus ist der Kern des Rechtsextremismus. Und es ist für mich ganz entscheidend, dass die Kirchen hier auch sagen, was das Problematische daran ist. Man muss das eigene Menschen- und Gottesbild definieren und sagen, für was man einsteht. Es ist leichter, für Demokratie, für Vielfalt, für Menschenwürde einzustehen. Meine Aufgabe jedoch ist es, diese Medaille umzudrehen und zu sagen: Gegen was müssen wir dann einstehen? Gegen völkischen Nationalismus, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, I nterview: Anna Meinhardt Matthias Blöser ist Referent im »Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung« der EKHN und berät Kirchengremien zum Umgang mit Rechtspopulismus und Rechtsextremismus OBEN © PICTURE ALLIANCE/DPA | PORTRÄT © MATTHIAS BLÖSER

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