3 FRANZISKANER 3|2024 Wenn Gott unter die Haut geht … Mein Lieblingsfilm über das Leben des heiligen Franziskus wurde von der italienischen Regisseurin Liliana Cavani im Jahr 1988 gedreht; in der Hauptrolle der Schauspieler Mickey Rourke als Franz von Assisi. Franziskus wird in diesem Film so gar nicht als »Bruder Immerfroh« dargestellt, der verzückt durch Klatschmohnfelder tanzt. Vielmehr verkörpert Rourke den umbrischen Heiligen als einen leidenschaftlichen Menschen, der sein Glück zunächst im Ruhm und im Vergnügen sucht. Nach einer Berufungserfahrung in dem zerfallenen Kirchlein San Damiano und der Begegnung mit einem Aussätzigen entwickelt sich Franziskus dann zu einem ebenso leidenschaftlichen Gottsucher und hingebungsvollen Freund der Armen und Ausgegrenzten. Regisseurin Cavani lässt »ihren« Franziskus im Laufe der Handlung immer mehr mit seinen Mitbrüdern in Konflikt geraten, an seiner Berufung zweifeln, mit Gott ringen. Er will das Evangelium leben – radikal, geschwisterlich, mit leeren Händen und offenem Herzen. Doch seine junge Ordensgemeinschaft entwickelt sich offenbar in eine ganz andere Richtung. Schließlich zieht er sich mit seinem Gefährten, Bruder Leo, in die Einsamkeit des Berges La Verna zurück. Dort soll dann das Unbeschreibliche geschehen sein: Gott schenkt Franziskus zum zweiten Mal in seinem Leben die Erfahrung einer alles verwandelnden Berufung. Christus geht ihm gewissermaßen unter die Haut. Der Tradition nach empfängt Franziskus die Stigmata. »Deus mihi dixit (Gott hat zu mir gesprochen)!«, so beschreibt der »Mickey-Rourke-Franziskus« später seinem Gefährten Leo die tiefe Gotteserfahrung, die ihm geschenkt worden ist. »Gott hat zu mir gesprochen!« – Das werden wahrscheinlich die wenigsten von uns so klar über ihr Glaubensleben sagen können. Und doch gab es vielleicht auch in Ihrem Leben schon Momente, in denen Ihnen Ihr Glaube »unter die Haut« ging, Momente, in denen Christus durchschien … Es ist jetzt 800 Jahre her, dass Franziskus laut seinem Biographen Thomas von Celano am Berg La Verna die Wundmale Jesu empfing. Aus Anlass dieses 800-jährigen franziskanischen Jubiläums beleuchten wir in dieser Ausgabe aus verschiedenen Blickwinkeln das Thema »Stigmata«. Ich wünsche Ihnen eine inspirierende Lektüre und noch ein paar goldene Herbsttage! Br. Markus Fuhrmann OFM (Provinzialminister) © UNITED ARCHIVES – PICTURE-ALLIANCE.COM
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