Franziskaner - Herbst 2024

33 FRANZISKANER 3|2024 Frieden« Franziskus‘ Wunsch war es, die Verkündigung des Friedens und der Buße in der ganzen Welt zu verbreiten. Dabei verbindet sich eine Haltung des Friedens mit der Dankbarkeit für die Gaben des Lebens und dem Lobgesang Gottes. Frieden und Mindersein werden als charakteristische Elemente der geschwisterlichen Lebensform genannt. Ein näherer Blick in die Lebensgeschichte des Franziskus zeigt, dass der Friedenswunsch einen konkreten Sitz in seinen existenziellen Erfahrungen hat. Kriegserfahrungen In Assisi, seiner Heimatstadt, verlief die Herausbildung einer bürgerlichen Klasse nicht ohne Streitigkeiten und Kriege. Anfang 1198 stürmten die Bürger von Assisi die von den Ghibellinen (kaisertreue Adelsfraktion) verteidigte Rocca (Burg oberhalb von Assisi). Von 1199 bis 1200 brach innerhalb der Stadtmauern ein offener Bürgerkrieg zwischen Adligen und Bürgerlichen aus, der weiter schwelte und 1202 zum Krieg zwischen Assisi und Perugia, wohin der Adel sich geflüchtet hatte, führte. Assisi verlor die entscheidende Schlacht von Ponte San Giovanni, und Franziskus endet mit anderen Kriegsteilnehmern im Gefängnis von Perugia. Erst am 6. November 1203 kommt es zu einem Friedensschluss. Die »Charta Pacis« (Friedensvereinbarung) bestimmt den Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Burgen, eine gewisse Abhängigkeit des Bürgertums von den Adligen und die Wiederherstellung der Privilegien von etwa 20 Feudalfamilien, darunter auch die Familie von Klara von Assisi. Im August 1205 flammen die starken Spannungen zwischen dem Bürgertum und dem Adel in der Frage des Wiederaufbaus der Burgen wieder auf. Der Podestà (Stadtherr) von Perugia versucht zu vermitteln, um den »bonam pacem«, den guten Frieden, von 1203 zu retten. Es scheint, dass diese Vermittlung an der starken Opposition des Bürgertums scheiterte. Die Spannungen zwischen Adel und dem erstarkenden Bürgertum, zu dem die Familie des Franziskus gehört, halten an, bis am 2. September 1209 ein neuer Vermittlungsversuch unternommen wird, um den »bonam et puram et sinceram pacem«, »den guten, wahren und ernsthaften Frieden«, zu retten. Auch dieser Pakt stärkte eher die Interessen der Feudalherren. Als 1210 erneut die Spannungen zwischen Reich und Papsttum, die auch das Spoletotal betrafen, zunahmen, gelang es dem Bürgertum in Assisi, zu erstarken und eine neue Friedensordnung »pro bono pacis et concordia«, »zum Wohl des Friedens und der Eintracht« durchzusetzen. Mit dieser »Magna Charta« errang das Bürgertum die Selbstverwaltung, und die Feudalherrschaft der adligen Familien in Assisi endete. Alle, Bürger (Minores) und Adlige (Majores), unterstanden gleichberechtigt der Gemeinde. Allerdings wurden die besitzlosen Armen und vor allem die Aussätzigen von dieser gleichberechtigten Bürgerschaft ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund entfaltete sich der Berufungsweg des Franziskus. Auch auf seinem weiteren Lebensweg blieben Krieg und Frieden für Franziskus kein theoretischer Diskurs. Er erlebte am eigenen Leib, was Dr. Johannes-Baptist Freyer OFM lehrte als Professor für Theologiegeschichte und Franziskanische Theologie an der Päpstlichen Universität Antonianum in Rom. Von 2005 bis 2011 war er Rektor dieser Universität. Heute ist er Referent für franziskanische Grundsatzfragen an der Missionszentrale der Franziskaner in Bonn, »Franziskaner Helfen«. »Schlacht und Niederlage der Sarazenen vor den Toren Assisis«. Die im Gemälde von Juan de Valdés Leal thematisierte Auseinandersetzung ist eine der kriegerischen Erfahrungen der jungen franziskanischen Familie. Die islamischen Söldnertruppen aus Sizilien wurden im 13. Jahrhundert von Kaiser Friedrich II. im Kampf gegen Papst Gregor IX. ins Feld geschickt.

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