Franziskaner - Winter 2024

37 FRANZISKANER 4|2024 Thomas Kleinveld Die kulturellen Schäden der Klimaerhitzung stärker in den Fokus rücken Die Staats- und Regierungschefs der Welt haben dies bei den Verhandlungen über das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 anerkannt. Die Begründung lautete, dass die reicheren Länder seit der industriellen Revolution beim Aufbau ihres Wohlstands eine unverhältnismäßig hohe Menge an Treibhausgasen ausgestoßen haben. Es herrschte weitgehend Einigkeit darüber, dass es nun in ihrer Verantwortung liegt, ärmere Länder beim Übergang zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft zu unterstützen und einen Teil der verursachten Schäden zu kompensieren. Ein Fonds für Verluste und Schäden wurde jedoch erst im vergangenen Jahr von den Vereinten Nationen eingerichtet, und die Mittel belaufen sich derzeit auf weniger als ein Prozent des tatsächlichen Bedarfs. Eine Antwort auf die Frage nach nichtwirtschaftlichen Verlusten und Schäden liegt noch weiter entfernt – sowohl wegen des mangelnden politischen Willens als auch wegen der Komplexität des Themas. Wie können wir den Verlust von Traditionen oder Sprache überhaupt bewerten? Welche ethischen Überlegungen gibt es, wenn es darum geht, den Verlust von Menschenleben mit einem Preis zu versehen? Und: Welche Maßnahmen können wir ergreifen, um diese nichtmateriellen Güter zu erhalten? Die Beantwortung dieser Fragen erfordert ein tiefgreifendes Verständnis dessen, was verloren geht. Aus diesem Grund übernehmen bei den Vereinten Nationen religiöse Organisationen – darunter Franciscans International – die Führung in dieser Angelegenheit und drängen darauf, dass nichtwirtschaftliche Verluste und Schäden stärker in den Fokus der globalen Klimadebatten kommen. »Die Absicht ist eindeutig, das meiste von dem zu retten, was wir nicht quantifizieren können. Und in diesem Prozess besteht der unbeabsichtigte Schaden darin, dass wir unsere Kulturen auf eine Weise rekonstruieren, die nicht authentisch ist«, sagt Rae. »Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Kulturen nicht verzerren, nur weil wir die Anforderungen der Finanzgeber erfüllen müssen.« Mit ihrer Vertretung bei den Vereinten Nationen haben Franciscans International Untersuchungen durchgeführt und Veranstaltungen ausgerichtet, um sicherzustellen, dass die Klimaverhandlungen von den Realitäten vor Ort geprägt sind. Dies wird ein Schwerpunktthema während der jährlichen UN-Klimakonferenz COP29 in diesem Jahr in Aserbaidschan sein. Für uns ist klar: Die strukturellen Ungerechtigkeiten, die den Verlusten und Schäden zugrunde liegen, können nur angegangen werden, wenn die betroffenen Gemeinschaften einbezogen werden und Gehör finden. »Die Gemeinden leben seit Jahrhunderten im Einklang mit der Natur. Wir verfügen über das Wissen, um die Herausforderungen zu meistern«, sagt Rae. »Jahrelang haben wir nie von den Anpassungsfonds profitiert. Sie müssten an die Gemeinden gehen, denen die Ressourcen gehören und die an vorderster Front mit den Folgen des Klimawandels umgehen müssen.« Wie Banaba werden in den nächsten Jahren viele Pazifikinseln unbewohnbar werden. Schon seit 2015 beginnen die Menschen auf den Marshallinseln, Dämme gegen den steigenden Meeresspiegel zu errichten, ohne Unterstützung vom Rest der Welt. Küstenregionen sind heute schon auf einigen Inseln weggespült und nicht mehr bewohnbar. © PICTURE-ALLIANCE.DE/AP PHOTO

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=