Franziskaner - Winter 2024

39 FRANZISKANER 4|2024 und die Raunächte © JOSCHKA LINK Teilnehmerinnen und Teilnehmern über die Plattform barfussund-wild.de. Sie nutzt die internen Chatgruppen zum Austausch und überlegt sogar, sich mit einigen der Teilnehmenden, die nicht zu weit entfernt leben, in einer Regionalgruppe zutreffen. »Wilde Kirche« – ein Raum für spirituelles Wachstum Die Franziskanische Lebensschule »barfuß & wild«, die die Raunächte anbietet, wurde von Jan Frerichs gegründet. Im kommenden Jahr feiert das sehr professionell auf einer Internetplattform organisierte Angebot sein zehnjähriges Bestehen. Heute gehören neben Bruder Jan sieben weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Team. Der Theologe begleitet schon lange Menschen in geistlichen Auszeiten und Übergangsriten. Früher war er Franziskaner, trat aber nach fünf Jahren aus. Dem Franziskanischen jedoch blieb er treu und gehört heute als Familienvater dem Dritten Orden der franziskanischen Familie (OFS) an. In dieser schon zu Franziskus' Zeiten entstandenen Gemeinschaft haben sich »Weltleute« zu einem christlichen Leben in Orientierung an Franziskus und Klara verpflichtet. Nach seiner Zeit im ersten Orden arbeitete Jan Frerichs u. a. beim Kölner Domradio und beim Deutschlandfunk, bevor er eine Festanstellung beim ZDF annahm. Aber trotz dieser erfolgreichen zweiten Karriere war er nicht glücklich, wusste, dass etwas fehlte, aber nicht was. Noch während seiner Zeit im Orden – so erzählt er in seinem Buch »Wilde Kirche« – hatte er die Schöpfung als Ort der Gottesbegegnung kennengelernt. Eine geplante Pilgertour ins Heilige Land, die er als junger Ordensmann allein und ohne Geld unternehmen will, endet durch widrige Umstände in Italien. Während einer lange dauernden Regenphase macht er Halt in einem Franziskanerkloster. Dort lehrt ihn ein Mitbruder beten, aber ganz anders, als er es gewohnt ist. Auf die Klage, sich in einer geistlichen Leere zu befinden, stellt ihm der Bruder die ernüchternde Frage: »Bist du bereit, etwas zu riskieren und die Leere zu erkunden, oder suchst du Sicherheit und versinkst lieber in Selbstmitleid?« In jenen Tagen entdeckte er die »wilde Kirche«, die außerhalb der Kloster- und Kirchenräume im Freien ist. An diese Erfahrung konnte er anknüpfen, als ihn als erfolgreichen ZDF-Journalisten 16 Jahre später eine Krise trifft. Für ihn schafft in jener Zeit eine Initiation bei dem amerikanischen Franziskaner Richard Rohr den richtigen Raum. Anders als oftmals gemutmaßt wird, sind Initiationsrituale keine Mutproben oder ein asketisches Training. Sie müssen nicht absolviert werden, um dazuzugehören, sondern schaffen Raum für Übergänge, in dem eine Antwort auf eigene Fragen entstehen kann. Bei seiner damaligen Suche nach Orientierung wurde dem in Bonn geborenen und nahe Hamburg aufgewachsenen Mann bewusst, dass er mehr über seinen früh verstorbenen Vater erfahren musste. Jan Frerichs reiste nach Brasilien in die Heimat seines Vaters und fand heraus, dass dieser nicht immer der Diplomat gewesen war, als den ihn seine Mutter geheiratet hatte. Auch sein Vater war Priester gewesen, bevor er Journalist und Familienvater wurde. »Plötzlich verstand ich, warum ich das alles WARUM BARFUSS? »Kontemplation: Wenn du ›barfuß im Herzen‹ gehst, gehst du aufmerksam. Du bist verletzlich und gehst nicht einfach über alles hinweg. Du spürst den Lebensweg unter den Fußsohlen. Du lebst im wahrsten Sinne des Wortes selbst-bewusst, weil du berührbar bist und berührst und durchlässig bist für dein ›wahres Selbst‹. Du lebst aus dieser Quelle und weißt dich getragen.« ▶▶ www.barfuss-und-wild.de Jan Frerichs OFS, Gründer und Leiter der »Franziskanischen Lebensschule«, begleitet Menschen in geistlichen Auszeiten und Übergangsriten. Der Theologe ist ausgebildet in der Tradition der »School of Lost Borders«. Viele seiner Bücher sind Bestseller. »Wilde Kirche – Wie wir uns unsere spirituelle Heimat zurückholen« war im Frühjahr innerhalb weniger Tage vergriffen und wurde ein »Spiegel«-Bestseller. Sein gerade erschienenes Buch »Seelenfutter – 365-mal das Leben spüren« verlosen wir auf Seite 46.

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