7 FRANZISKANER 4|2024 aufnehmen!« Grenze? Die steigende Zahl der Asylanträge in der Europäischen Union – 2023 waren es über eine Million – wirkt auf manche beängstigend. Kommunen fühlen sich überfordert, die damit verbundenen Aufgaben zu bewältigen. Gewalttaten einzelner Täter mit fremd klingenden Namen führen regelmäßig zu Forderungen – auch aus den demokratischen Parteien – nach einer immer restriktiveren Asyl- und Migrationspolitik. Die Angst vor einem weiteren Zuwachs rechtspopulistischer und -extremistischer Parteien ist groß. In einigen europäischen Nachbarstaaten sind solche Kräfte mittlerweile in Regierungsverantwortung, nachdem sie als Sprungbrett für ungeahnte Wahlerfolge insbesondere die Ängste vor Fremden aktivierten. Die seit Jahren immer wieder eingeforderte gemeinsame Europäischen Asylpolitik (GEAS s. S. 10) sollte dem einen Riegel vorschieben und die Grundlage eines guten Umgangs mit dem Thema Migration sein. Doch der gefundene Kompromiss wird frühestens 2026 umgesetzt und bezweckt zudem eher Abschreckung und den Ausbau der Festung Europa. Immer mehr europäische Staaten setzen schon jetzt auf eine »Externalisierung der Asylpolitik«. Hinter diesem Begriff verbergen sich all jene Versuche, die darauf abzielen, Asylverfahren oder die Aufnahme von Schutzsuchenden in Länder außerhalb der EU zu verlagern. Das soll eine abschreckende Wirkung entfalten, zu sinkenden Antragszahlen führen und den weiteren Stimmenzuwachs rechtsextremer Parteien bremsen. Hat Barmherzigkeit also Grenzen? Papst Franziskus widerspricht dem ausdrücklich. Er meint dagegen, dass vier Verben unser Handeln gegenüber den Migranten zusammenfassend beschreiben sollten: aufnehmen, schützen, fördern und integrieren. Gleichzeitig fordert er sichere und legale Migrationsrouten. Wirtschaftsfachleute appellieren aus einem anders gelagerten Grund ebenfalls dafür, einen guten Umgang mit Schutzsuchenden zu finden. Sie fürchten, dass Fremdenfeindlichkeit unserer Wirtschaft schadet, denn alle Zahlen weisen darauf hin, dass unsere Wirtschaft dringend Zuwanderung braucht – und das nicht nur von gut ausgebildeten Fachkräften. In dieser Ausgabe der Zeitschrift »Franziskaner« wollen wir uns mit dem spannungsreichen Thema »Migration« beschäftigen und insbesondere Mut machende Nachrichten suchen. Vielleicht kann in diesem Land doch eine neue Willkommenskultur entstehen, die danach fragt, was allen Beteiligten gut tut – den Schutz- und den Arbeitsuchenden sowie der sie aufnehmenden Gesellschaft. Asylanträge in Deutschland in Tausend 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2023 800 Tsd. 700 600 500 400 300 200 100 0 insgesamt 167 Tsd. Jan.–Sep. 2024 28 746 352 195 Erstanträge Folgeanträge dpa • 106069 | Nachbau meinhardt | Werte gerundet | Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Erstanträge 2023 329 120 Erstanträge Jan.–Sep. 2024 179 212
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