10 FRANZISKANER 1|2025 messor lo frate sole lo qual’ è iorno, et allumini noi per lui. Et ellu è bellu e radiante cun grande splendore, de te, SÄMTLICHE ICONS AUF DER DOPPELSEITE: STOCK.ADOBE.COM bend darauf, dass sora morte jeden Menschen »durch die Pforte des Lebens« und sorgsam auf dem kurzen, dunklen Wegstück begleitet, das in Gottes Lichtfülle führt (FQ 417). In der Endgestalt zählt das Schöpfungslied 33 Verse: Das Mittelalter zählt 33 Lebensjahre Jesu auf Erden. Franz von Assisi lässt damit feinsinnig anklingen, dass diese unsere schöne und vergängliche Welt nicht nur Werk Gottes, sondern auch Heimat des Gottessohnes geworden ist. Selbst nichtreligiöse Menschen leben daher nicht in einer gottlosen, sondern einer von Gott geliebten Welt! Mit Blick auf die ökologische Schieflage der Welt heute sind vom Sonnengesang keine Rezepte zu erwarten. Die Botschaft dieser Perle der Weltliteratur ist grundlegender: Finde zurück zu einer neuen Wachheit für alles Leben, lerne neu staunen über das Schöne und Kostbare in der Schöpfung, lass dein Herz berühren! Denn wir tragen all dem Sorge, was wir lieben! Papst Franziskus kommt im ersten und im letzten Kapitel der Enzyklika eingehend auf sein Vorbild zu sprechen. Der Mystiker und Menschenfreund aus Assisi weise den Weg zu einer neuen Beziehungskultur, die mit jedem Menschen und allen Geschöpfen ebenso wie mit Gott und sich selbst verbindet: Franziskus von Assisi »war ein Mystiker und ein Pilger, der in Einfachheit und in einer wunderbaren Harmonie mit Gott, mit den anderen, mit der Natur und mit sich selbst lebte« (LS 10). Sein Leben mache deutlich, wie sehr »die Sorge um die Natur, die Gerechtigkeit gegenüber den Armen, das Engagement für die Gesellschaft und der innere Friede untrennbar miteinander verbunden sind« (LS 10). Eine erste Ermutigung aus der Lebenskunst des Poverello liegt tatsächlich in der ganzheitlichen Verbindung von Menschen- und Naturliebe mit Selbstsorge und Gottesfreundschaft. Alle vier Dimensionen des Lebens klingen im Sonnengesang an. Im Kapitel über eine neue Ökospiritualität spricht Papst Franziskus unter dem Titel »Freude und Frieden« eine zweite Kunst an: tiefe Lebensfreude aus tragenden Beziehungen zu schöpfen! Franz ermutigt zu einem »kontemplativen Lebensstil«, der »sich zutiefst freuen kann, ohne auf Konsum versessen zu sein«. Glücklich, wer zurückfindet zu einer »Einfachheit, die uns erlaubt innezuhalten, um das Kleine zu würdigen, dankbar zu sein für die Möglichkeiten, die das Leben bietet, ohne uns an das zu hängen, was wir haben« (LS 222). Denn diese Art der »Genügsamkeit« wirkt »befreiend«: »Sie bedeutet nicht weniger Leben, sie bedeutet nicht geringere Intensität, sondern ganz das Gegenteil. In Wirklichkeit kosten diejenigen jeden einzelnen Moment mehr aus und erleben ihn besser, die auµören, auf der ständigen Suche nach dem, was sie nicht haben, hier und da und dort etwas aufzupicken: Sie sind es, die erfahren, was es bedeutet, jeden Menschen und jedes Wesen zu würdigen, und die lernen, mit den einfachsten Dingen in Berührung zu kommen und sich daran zu freuen« (LS 223). Wahres Glück erfordere, »dass wir verstehen, einige Bedürfnisse, die uns betäuben, einzuschränken, und so ansprechbar bleiben für die vielen Möglichkeiten, die das Leben bietet« (LS 223). Franz von Assisi unterstreicht mit seinem Schöpfungslied, was Papst Franziskus über eine wache Ökospiritualität schreibt: »Die Natur ist voll von Worten der Liebe. Doch wie können wir sie hören mitten im ständigen Lärm, in der fortdauernden und begierigen Zerstreuung« oder im Kult der Selbstdarstellung (LS 225). Franz steht mit seiner Mystik und seinem Leben für universale Geschwisterlichkeit, aus der kein Mensch und kein Geschöpf heraus²ällt (s.¶a. LS 228). »Malend Die Künstlerin Ursula »Welches Motiv soll ich mitbringen?« »Nehmen Sie das, was Ihnen persönlich am besten gefällt!« »Dann nehme ich Bruder Feuer, der ist so dynamisch und lebendig … Aber Schwester Wasser gefällt mir auch gut … und Schwester Mutter Erde … und Schwester Tod, bei dem sich im Bild gleichzeitig eine Auferstehung entfaltet.« »Schauen Sie doch, was Ihnen als Erstes entgegenkommt.« Ich sitze mit Ursula Maria Lovis in ihrem Münchner Atelier. Zwei nebeneinanderliegende Fenster mit Blick ins Grüne und zwei Dachfenster geben dem Raum Licht. Jede Menge Farben und Pinsel zeugen von ihrem kreativen Schaffensprozess. Anlass meines Besuches sind die Sonnengesangszyklen, die die Künstlerin 2023 in der Pfarrkirche St. Anna in München ausgestellt hat. Frau Lovis verschwindet in ihr Bilderdepot und taucht kurze Zeit später mit zweien ihrer Werke wieder auf. Bruder Wind sei ihr als Erstes entgegengekommen, aber ihr Lieblingsbild Bruder Feuer hat sie ebenfalls dabei. Und in der Tat: Bruder Feuer tanzt einem rot flammend entgegen. Er gehört zum Sonnengesang, den die Künstlerin als bislang letzten Zyklus gemalt hat. Es ist mittlerweile der vierte. Die erste Variante entstand 1991 in Aquarelltechnik. Die Rundbilder hängen bei den Franziskanerinnen in Amstorf.
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