Franziskaner - Frühling 2025

18 FRANZISKANER 1|2025 sirano incoronati. Laudato si', mi’ Signore, per sora nostra morte corporale da la quale nullu homo vivente pò Nur schöne Dichtung … … oder ein zeitgemäßer Appell? Wir leben über unsere Verhältnisse. Wir produzieren zu viel. Wir konsumieren zu viel. Wir zerstören unsere eigenen Lebensgrundlagen. Wir wissen dies und tun es dennoch. Spätestens seit dem Brundtlandreport des Club of Rome von 1987 ist bekannt, dass wir den Planeten Erde überstrapazieren. Der Erdüberlastungstag hält uns jedes Jahr vor Augen, dass wir in Deutschland bereits Anfang Mai und weltweit Anfang August die Ressourcen verbraucht haben, die uns für das gesamte Jahr zur Verfügung stehen. Warum handeln wir nicht nach dem, was wir wissen? Papst Franziskus gibt in seiner Enzyklika »Laudato si'« darauf die Antwort, dass der Mensch sich anmaßt, wie Gott zu sein. Die Sündenfallgeschichte der Bibel bringt dies erzählerisch zum Ausdruck. Zwar hat der Mensch laut der Schöpfungsgeschichte einen Herrschaftsauftrag erhalten, diesen jedoch fehlinterpretiert. Als Ebenbild Gottes erhält er eine Stellvertreterfunktion, den Lebensraum Erde zu gestalten – jedoch nicht im Sinne von Ausbeutung und Gewalt, sondern von Schutz und Sicherheit. Der Mensch soll wie ein königlicher Hirte Fürsorge für die Welt übernehmen. In diesem Sinne ist er der Repräsentant des sorgenden Schöpfergottes für alle lebendigen Wesen, also ebenso für Tiere und Pflanzen. Entscheidend ist somit, wie sich der Mensch in seinem Verhältnis zur Welt versteht. Ob er sich als »höchstes Wesen« und »Krone der Schöpfung« über alles andere stellt oder ob er sich als Teil in das Ganze einordnet. Heute haben seine Interessen Vorrang vor denen der anderen Lebewesen. Während sich der Mensch des Mittelalters noch eingebunden wusste in die Natur, betrachtete der Mensch der Neuzeit alles unter dem Gesichtspunkt der Mechanik; daher auch die Kennzeichnung »mechanistisches Weltbild«. Sogar der Mensch selbst wurde als Maschine wahrgenommen. Die Natur wurde zum »Raum und Stoff für ein Werk« und »die technische Vernunft über die Wirklichkeit gestellt«, so beschreibt es Papst Franziskus. Die Folge war eine Technisierung und Industriealisierung unserer Lebensräume und eine zunehmende Ökonomisierung der natürlichen Lebensgrundlagen. Zwar ist Umweltschutz in den letzten Jahrzehnten zu einer wichtigen politischen Leitlinie geworden, doch zeigt sich, dass dieser unzureichend bleibt, solange kein grundlegendes Umdenken in unserem Selbstverständnis als Menschen erfolgt. Der Mensch ist Teil seiner Mitwelt Das Gegenbild finden wir bei Franz von Assisi. Er sieht in der »Aneignung« das eigentliche Problem des Menschen, theologisch gesprochen die entscheidende Sünde. Für ihn gehört alles Gott und ist uns Menschen nur zur Verfügung gestellt. Ihm, der der einzig Gute ist, gilt es mit Lob und Dank alles immer wieder zurückzuerstatten, was dem Menschen von Nutzen ist. Deshalb sollen seine Brüder »sine proprio«, ohne Eigentum leben. Franz von Assisi sieht sich dementsprechend nicht als Herrscher, sondern als Knecht. Er erlebt sich als Teil der Schöpfung und eingebunden in den universalen Kosmos. Modern formuliert: Er ist nicht Mittelpunkt einer Umwelt, sondern Teil der Mitwelt. Seine Stefan Federbusch OFM GLASFENSTER IN DER KLOSTERKIRCHE KÖNIGSFELDEN UM 1340: © PICTURE ALLIANCE / AKG±IMAGES / ANDRÉ HELD | SÄMTLICHE ICONS AUF DER DOPPELSEITE: STOCK.ADOBE.COM

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