Franziskaner - Frühling 2025

40 FRANZISKANER 1|2025 Gute Miene zum bösem Spiel machen – so sagen wir, wenn wir in einer unangenehmen Situation eisern unser aufgesetztes Lächeln bewahren. So ging es auch den Franziskanern in Syrien, als sie Anfang 2024 in den Palast des Präsidenten Baschar al-Assad geladen waren. Grund war die Bischofsernennung von Hanna Jallouf OFM. Die Herrscherfamilie, die sich gerne freundlich gegenüber den Christen im Land inszenierte, wollte schöne Aufnahmen mit dem neuen katholischen Bischof und seinen Ordensbrüdern für ihre Propaganda machen. Mit dabei war auch Bruder Fadi Azzar, Franziskaner und Pfarrer in Latakia, einer Großstadt an der syrischen Mittelmeerküste. Tee zu trinken, zu lächeln und die selbstge²älligen Geschichten des Diktators anzuhören, war für ihn an diesem Tag eine schwere Pflichtübung. Ja, die Christinnen und Christen waren unter Assad weitgehend unbehelligt geblieben, teilweise sogar beschützt worden vor der Terrororganisation IS, die ein islamisches Kalifat in Syrien und im Irak errichten wollte. Tatsächlich sind viele Gemeindemitglieder in Latakia syrische Binnenvertriebene, die vor den Islamisten in den von Assad beherrschten Landesteil flohen. Gleichzeitig wusste Bruder Fadi sehr wohl um die zahlreichen von der Polizei verhafteten und vermissten Menschen, um die staatlichen Folterge²ängnisse und um die Vetternwirtschaft der Parteimitglieder und Generäle. Die Franziskaner hatten damals bei ihrem bischöflichen Antrittsbesuch im Präsidentenpalast auch die vage Hoffnung, dass sie die seit Jahren von der Regierung konfiszierten christlichen Schulen wieder zurückbekommen. Leider kam das Thema nicht zur Sprache. Tee trinken und lächeln, um den Präsidenten nicht zu verärgern, in der Hoffnung, dass die relative Sicherheit der Christen erhalten werden könnte. Eine Sicherheit, die die jungen christlichen Männer aber in den Militärdienst für Assad zwang – so sie nicht ins Ausland flohen. Fadi Azzar ist Palästinenser. Er wuchs in Amman in Jordanien auf. Seine Eltern stammen aus Jaffa, das heute zu Tel Aviv gehört. Dass Fadi Franziskaner wurde, ist kein Zufall: Er kannte die Brüdergemeinschaft von Kindheit an und wusste schon früh, dass er eines Tages selbst wie sie sein wollte. Seine Mutter war Köchin im Konvent des Franziskanerklosters in Amman. Die Familie Azzar wohnte direkt gegenüber dem Kloster, und so ging Fadi mit vier Jahren in den Kindergarten der Franziskaner, nahm an der Kinderkatechese der Gemeinde teil, wurde Mitglied der franziskanischen Jugendbewegung und besuchte die Schule des Ordens, wo er eine gute Schulbildung erhielt. Das Terra-Santa-College der Franziskaner in Amman hat einen exzellenten Ruf. Selbst Kinder der königlichen Familie in Jordanien gehen hier zur Schule. Ein Palästinenser aus JaÂa wird in Jordanien Franziskaner … Fadi Azzar trat direkt nach seinem Abitur dem Orden bei. Jordanien ist Teil der Franziskanerkustodie des Heiligen Landes, zu der auch Israel, Palästina, Syrien, Libanon, Ägypten und Zypern gehören. Das Postulat, die erste Ausbildungsstufe zum Ordensmann, fand in internationaler Atmosphäre in Rom statt. Im Noviziat lebte er dann ein Jahr im Ausbildungskonvent in En Kerem, am Rande Jerusalems. Für Bruder Fadi war klar, dass er Priester werden wollte, und so schloss Natanael Ganter OFM Den Notleidenden nahe sein Die Geschichte von Fadi Azzar OFM

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