41 FRANZISKANER 1|2025 Franziskanische Lebensgeschichten Wie sie wurden, was sie sind … Die Reihe zu franziskanischen Berufungs- und Lebensgeschichten ist als Audio-Podcasts verfügbar. Auf vielen bekannten Podcast-Plattformen wie Spotify oder iTunes und auf ▶▶ www.franziskaner.de sind die fünf bis neun Minuten dauernden Audio-Tracks erhältlich. Wir freuen uns über Likes und Kommentare! eigenen Stromgewinnung. Für die Ärmsten gibt es Lebensmittelspenden und berufliche Weiterbildung. Für Frauen wird etwa eine Schneiderinnenausbildung angeboten, damit sie Kleider für die Familie ausbessern können. Die Gemeinde hat auch eigene Räume für eine Zahnarztpraxis eingerichtet, die kostengünstige Versorgung anbietet, und es gibt eine Apotheke, die speziell ältere Menschen mit Medikamenten versorgt. Gerade erst war Bruder Fadi in Belgien, um bei einem Augenarzt in Brüssel eine großzügige Spende an Sehhilfen entgegenzunehmen. Viele der nach Europa geflüchteten Christinnen und Christen aus Syrien haben hier mittlerweile gute Arbeit gefunden. Ihre Landsleute zu Hause haben sie aber nicht vergessen. Großzügig helfen und spenden sie für die Menschen in Syrien. Dies wird oft über die Franziskaner organisiert. sich direkt das Philosophiestudium an. Wegen seiner palästinensischen Abstammung war es aber für ihn politisch schwierig, in Jerusalem zu leben, und so wohnte er im Konvent der Brüder an der Geburtskirche in Betlehem im Westjordanland. Dort erlebte er im Jahr 2002 hautnah die tödlichen Auswirkungen der Feindseligkeiten zwischen Palästinensern und Israelis, als eine Gruppe Aufständischer während der Zweiten Intifada von israelischen Truppen in Betlehem eingekesselt wurde. Rund 20 militante Kämpfer und 170 palästinensische Polizisten suchten Zuflucht in der Basilika der Franziskaner. Die israelische Armee umstellte und belagerte die Geburtskirche. 39 Tage lang waren Fadi Azzar und seine Brüder dann zusammen mit den Kämpfern, denen sie Zuflucht gewährt hatten, in ihrem Kloster von der Außenwelt abgeschnitten. Sie mussten ohne Strom, ohne Wasser und mit streng rationierten Lebensmitteln auskommen, während Scharfschützen der Armee gezielt mehrere Kämpfer durch die Fenster töteten. Nur durch internationale Vermittlung konnte die Situation nach sechs Wochen gelöst werden. An eine Wiederaufnahme des Studiums in Jerusalem war danach aber nicht zu denken, da die Bewegungsfreiheit für die palästinensische Bevölkerung in Israel extrem eingeschränkt wurde. Dank der guten internationalen Kontakte der Kustodie konnte Bruder Fadi in die USA ausreisen, um in Washington, D. C. sein Philosophie- und Theologiestudium fortzusetzen. Im Jahr 2012 kam er als Diakon zurück ins Heilige Land und wurde 2014 in Ramle in Israel zum Priester geweiht. … und dann Pfarrer einer großen Pfarrei in Syrien Seit 2015 ist Fadi Azzar in Syrien tätig. Zunächst war er Seelsorger in Damaskus für die aus den Philippinen und dem Sudan stammenden christlichen Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter, später dann Pfarrer in Latakia. Bruder Fadi erinnert sich, dass seine Eltern damals sehr in Sorge waren, als er ihnen berichtete, dass ihn die Ordensleitung angefragt hatte, nach Syrien zu gehen. Denn kurz zuvor war in dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Nachbarland ein Franziskaner verschleppt worden und erst nach Monaten Geiselhaft stark traumatisiert freigekommen. Bruder Fadi entschied sich trotzdem, dieses Wagnis einzugehen, denn wo sonst könnte er seiner Berufung, den Notleidenden nahe zu sein, folgen als genau dort, wo die Not am größten ist? Er hat seine Entscheidung bis heute nicht bereut. Als Gemeindepfarrer steht er den Menschen bei: In glücklichen Zeiten, bei Hochzeiten und Taufen, feiert und betet er mit ihnen. In schweren Momenten, bei Krankheit und Trauer, begleitet er sie und spendet Trost und Segen. »I love to help people, my mother taught me so«, erzählt Bruder Fadi. Er liebt es, den Menschen zu helfen, denn seine Mutter hat ihn dies gelehrt – und in seinem Glauben findet er Bestätigung: »Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan« (Matthäusevangelium 25,40). Die Franziskaner in Latakia sind auch karitativ sehr aktiv. Es gibt einen Kindergarten, Nachhilfe für die Schulkinder und einen begleiteten Treffpunkt für die Jugendlichen. Sie helfen den Gemeindemitgliedern bei der Finanzierung von Solaranlagen zur Mitten unter ihnen: der Franziskaner Fadi Azzar bei einem Gemeindefest in Damaskus
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