Franziskaner - Frühling 2025

9 FRANZISKANER 1|2025 se konfano, et nullu homo ene dignu te mentovare. Laudato si', mi’ Signore, cum tucte le tue creature, spetialmente Dr. Niklaus Kuster ist Kapuziner und lebt in Rapperswil am Zürichsee. Neben seiner Tätigkeit als reisender Bildungsarbeiter und Buchautor lehrt er franziskanische Spiritualität und Spiritualitätsgeschichte an der Universität Luzern sowie den Ordenshochschulen in Münster und Madrid. Geschöpfen« Niklaus Kuster OFMCap Grün der Gärten, Erde und Feuer, Luft und Wind in lauterster Reinheit an die Liebe Gottes und mahnte sie zu freudigem Gehorsam. Schließlich nannte er alle Geschöpfe ›Bruder und Schwester‹ und erfasste in einer einzigartigen und für andere ungewohnten Weise mit dem scharfen Blick seines Herzens die Geheimnisse der Geschöpfe; war er doch schon zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes gelangt.« Frucht der naturverbundenen Lebensweise, die in der natürlich geschaffenen Welt ihr neues Zuhause fand, ist eine Naturmystik, die Thomas von Celano als ein kontemplatives Durchsichtig-Werden der sichtbaren Welt beschreibt: »dieser glückliche Wanderer« hatte »seine Freude an den Dingen, die in der Welt sind«. Er sah die Welt »als klaren Spiegel« von Gottes Güte. »In jedem Kunstwerk lobte er den Künstler, was er in der geschaffenen Welt fand, führte er zurück auf den Schöpfer.« Er pries in »allen Werken die Hände des Herrn, und durch das, was sich seinem Auge an Lieblichem bot, schaute er hindurch auf den Urgrund« und die Lebensquelle aller Dinge. »Er erkannte im Schönen den Schönsten selbst; alles Gute rief ihm zu: ›Der uns erschaffen hat, ist der Beste!‹ Auf den Spuren, die den Dingen eingeprägt sind, folgte er überall dem Geliebten nach und machte alles zu einer Leiter, um auf ihr zu seinem Thron zu gelangen« (FQ 389). Der Sonnengesang entstand in San Damiano vor Assisis Stadtmauern, wo Klaras Gemeinschaft mit einer Gruppe Brüder das Gotteslob sang. Das harmonische Zusammenklingen von Schwestern und Brüdern hört Franz auch in der ganzen Schöpfung. Frate sole (Bruder Sonne) spielt mit den Schwestern luna e stelle zusammen, mit Mond und Sternen, die auf italienisch weiblich sind. Bruder Wind verbindet sich mit Schwester Wasser, Bruder Feuer mit Schwester Mutter Erde. Die Gestirne im weiten Kosmos ermöglichen Leben auf Erden durch den Wechsel von Tag und Nacht und den Lauf des Jahres mit Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Im Lied von dreierlei Art verweisen Sonne, Mond und Sterne zugleich auf die Überwelt des dreieinen Gottes: lichtvoll, unendlich und ewig! Aus den vier Urelementen sieht das Mittelalter alle irdischen Lebewesen bestehen: Pflanzen, Tiere und Menschen werden von der Erde ernährt, brauchen Wasser und atmen, sie speichern Energie und haben ihre je eigene Temperatur. Alles Geschaffene auf Erden teilt denselben Lebensraum, und jedes Geschöpf erzählt auf seine Weise vom Schöpfer. Die Strophe auf den Menschen kam Wochen später hinzu, als in Assisi ein Bürgerkrieg drohte. Nicht Aggressive oder Unversöhnliche verweisen auf Gott, ihren Schöpfer, sondern Friedfertige und Liebende. So schön Gottes Liebe auch in Verliebten aufleuchtet, am eindrücklichsten tut sie es da, wo menschliche Liebe geprüft wird. Wo Menschen einander verzeihen, in Krankheiten den inneren Frieden nicht verlieren und mit allerlei Sorgen gut umgehen, tun sie es per lo tuo amore – in der Kraft von Gottes Liebe (FQ 40–41). Vor seinem Sterben fügte Franz die letzte Strophe hinzu: So sehr das Leben auf Erden ein Geschenk ist und tief beglücken kann, es bleibt vergänglich. Die Zeilen zur Schwester Tod sehen das Sterben nicht als Katastrophe, sondern als Übergang in die neue und ewige Schöpfung Gottes. Den leiblichen Tod wird Franz selbst sterbend tatsächlich als Wegge²ährtin willkommen heißen. Von ihr lässt er sich an der Hand nehmen, wo seine Liebsten, die Brüder, Schwestern und Freundin Jacoba, ihn loslassen müssen. Franz vertraut sterFQ = Franziskus-Quellen, 2010, Verlag Butzon & Bercker LS = Laudato si', 2015, zweite Enzyklika von Papst Franziskus Die Welt: ein klarer Spiegel von Gottes Güte

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