Die Verbindung von »gezeugt« mit »aus dem Wesen des Vaters« unterstreicht, dass der Hervorgang kein Geschehen »aus Gott heraus« ist. Sondern dieser Vorgang ist streng innergöttlich zu verstehen. Somit handelt es sich in Jesus um die Mitteilung des vollen göttlichen Wesens. »wahrer Gott aus wahrem Gott« Arius hatte den Begriff des wahren Gottes für die höchste Einheit reserviert. Weil die anderen Zusätze (Licht etc.) auch im Sinne des Arius zu verstehen sein könnten, machte Nicäa den Unterschied deutlich, wenn dem wahren Gott nun der Sohn hinzugefügt wird. »wesensgleich mit dem Vater« (»homoousios to patri«) Dieser Begriff ist lange nicht verwendet worden, weil er ursprünglich aus der Gnosis, die als Häresie verurteilt wurde, kommt. Nun gab es aber keinen präziseren Begriff, der die Intention des Konzils in der Trennschärfe zu Arius ausdrücken konnte. So rehabilitierte man den Begriff. Die bisher verwendeten Begriffe reichten in ihrer reinen Bildhaftigkeit (Zeugung) oder als Titel (wahrer Gott) noch nicht aus, um eine Aussage über das göttliche Wesen machen zu können. Erst homoousios ermöglicht das Bekenntnis zur vollen Gottheit des Sohnes als Gleichwesentlichkeit mit dem Vater. Aber: Der Begriff schillert zwischen Wesenseinheit und Wesensgleichheit. Wesensgleichheit eröffnet aber die Möglichkeit eines Drei-Gottheiten-Missverständnisses. Aber auch Wesenseinheit kann nicht ausschließen, dass es sich bei Vater und Sohn nicht doch um zwei Individuen handelt, die ein und dasselbe Wesen besitzen. Nur die Einordnung des Begriffs in das gesamte Bekenntnis erschließt die Bedeutung, denn das eindeutige Bekenntnis zu dem einen Gott ist vorausgesetzt. Wesenseinheit von Vater und Sohn meint in der Tat den gemeinsamen Besitz des einen göttlichen Wesens. Die Unterschiedenheit beider ist eine interne Bestimmung dieses Wesens. Daher ist die Zeugung des Sohnes als streng innergöttlicher Vorgang zu verstehen. Es wird also ein monotheistisches Verständnis der Wesenseinheit gelegt. Allerdings zeigte sich in den auf Nicäa folgenden Jahren, dass die Probleme nicht beigelegt sind. Ungeklärt sind beispielsweise die Gottheit des Geistes und wie sich Gottheit und Menschheit Jesu aufeinander beziehen. Die Klärungen erfolgen auf weiteren Konzilen. Das Konzil von Nicäa hat nicht nur gezeigt, wie sich das Umfeld des christlichen Glaubens verändert hatte – vom jüdisch geprägten Denk- und Glaubensraum zum explizit hellenistischen Denkraum. Es zeigte auch auf, dass es veränderter Denk- und Verstehenskonzepte bedarf, um den Glauben verständlich zu machen. Die Verwendung von Begriffen aus der Gnosis macht dies deutlich: Im dritten Jahrhundert hatte sich die junge Kirche noch gegen die Aufnahme dieser Begriffe gewehrt und sich stattdessen an biblische Denkformen gehalten. Auf dem Konzil von Nicäa wurde dann aber deutlich, dass wir genau diese Begriffe brauchen, um den eigenen Glauben verständlich zu machen. Diese Prozesse hören mit Nicäa nicht auf, sondern dauern bis heute an. Αμήν Amen Die Zusätze sagen im Einzelnen: »Wir glauben an den einen Gott, den Vater ...« Das ist die Bekräftigung des Monotheismus gegen den weltabgewandten Gott des Arius. Der Vater ist selbst Schöpfer. Gott ist identisch mit dem Gott, der in der Heilsgeschichte handelt und die Menschen rettet. »Einziggeborener, aus dem Vater gezeugt, das heißt aus dem Wesen des Vaters, gezeugt, nicht geschaffen« In diesem Abschnitt wird das Bild der Zeugung wieder zum Gegenmodell einer Vorstellung des Geschaffen- und Geworden-Seins. Das Geboren-Sein des einzigen Sohnes wird mit dem Gezeugt-Sein gleichgesetzt und unterschieden vom Geschaffen-Sein. »Aus dem Vater gezeugt« wird im Blick auf Arius noch einmal verdeutlicht durch den Zusatz: aus dem Wesen des Vaters. Damit stellte sich das Konzil gegen die Vorstellung des Arius, der Vater sei dem Sohn von der Substanz/dem Wesen her fremd. Durch den Zusatz »aus dem Wesen des Vaters« wird zudem die Ewigkeit der seinshaften Einheit von Vater und Sohn bekräftigt. Der Ausschnitt einer Ikone aus dem Mittelalter zeigt Nikolaus von Myra, der Arius wegen seiner Ansichten auf dem Konzil von Nicäa eine Ohrfeige verpasst IKONE © WIKIMEDIA
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