Franziskaner - Winter 2025

34 FRANZISKANER 4|2025 Der Schmerz der Der »Parents Circle«, ein »Forum von Hinterbliebenen-Familien« in Israel und Palästina Am 21. September 2025 wurde in Nürnberg der Menschenrechtspreis 2025 vergeben – und zwar an die Organisation »Parents Circle – Families Forum« (PCFF). Der Preis wird von der Stadt Nürnberg seit 1995 alle zwei Jahre vergeben. In einer bewegenden Zeremonie nahmen ihn die Israelin Robi Damelin und der Palästinenser Bassam Aramin gemeinsam entgegen – schon das ein eindrucksvolles Zeichen in einer Zeit, da das Verhältnis der beiden Völker vielfach von tiefstem Misstrauen und Feindschaft geprägt ist. Die Gründung des sogenannten »Elternkreises« im Jahr 1995 geht auf Yitzhak Frankenthal zurück. Im Juli zuvor war sein Sohn Arik als Soldat von palästinensischen Terroristen der Hamas entführt und getötet worden. Um mit ihrem Schmerz nicht allein zu bleiben, trafen er und Roni Hirshenzon – der durch den Terror beide seiner Söhne verloren hatte – andere Angehörige von Terroropfern. Frankenthal erklärte, dass er als gläubiger Jude keine Rache für den Mord an seinem Sohn rechtfertigen könne. Trotz seines Schmerzes sei die einzig ethisch vertretbare Reaktion auf den Verlust seines Sohnes, weitere Todesfälle und Leiden zu verhindern. Drei Jahre später gab es erste Kontakte mit Angehörigen von palästinensischen Opfern des Konflikts im Gazastreifen. Damit wurde aus dem Parents Circle eine der wenigen Organisationen, in denen israelische und palästinensische Menschen zusammenkommen und zusammenarbeiten. Heute hat das Forum etwa 650 Mitglieder und besitzt zwei Büros, eines in Israel und eines in den palästinensischen Gebieten (Beit Jala). Auch wird es immer paritätisch von zwei Vorsitzenden geleitet. Dabei ist die Begegnung trauernder Angehöriger beider Seiten weiterhin ein wichtiger Teil der Arbeit. Darüber hinaus engagiert sich das Forum aber auch politisch im Sinne von Versöhnung und Suche nach einem Weg zum Frieden. Dahinter steht die Überzeugung, die der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, einmal in die Worte gefasst hat: »Niemand hat ein Monopol auf Schmerz.« Eine der Formen dieses Engagements sind gemeinsame Vorträge von jeweils einem israelischen und einem palästinensischen Angehörigen. Dieses Programm heißt »Dialogue Encounters« (Dialogbegegnungen). Dabei kann eine Gruppe von Personen persönliche Geschichten und Botschaften der Versöhnung aus Palästina und Israel hören – zum Beispiel die Geschichte eines israelischen Vaters, dessen Tochter bei einem Bombenanschlag in Jerusalem ums Leben gekommen ist, und die einer palästinensischen Mutter, deren Sohn bei einer Kontrolle erschossen wurde. Diese Botschaften sollen die Bereitschaft der Teilnehmenden stärken, den Dialog als Alternative zur Gewalt anzunehmen und die Bedürfnisse und Perspektiven der »anderen Seite« besser zu verstehen. Georg Röwekamp Robi Damelin (Mitte) und Laila AlSheikh von PFCC nach der Überreichung des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises 2025 durch Marcus König, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, im September 2025 PREISVERLEIHUNG © PIA BAYER – PICTURE.ALLIANCE.COM

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