Franziskaner Mission 1 | 2025

Nach Abschluss meines Medizinstudiums hier in Brasilien begann ich 1988 in Maranhão, dem ärmsten Bundesstaat Brasiliens, als frischgebackener Arzt zu arbeiten. In dieser Zeit war ich in der Stadt Bacabal tätig und lernte deutsche Franziskanermissionare aus der dortigen Diözese kennen. Schon als Student kannte ich die Arbeit der Franziskaner, deren Gerechtigkeitssinn und soziales Engagement zugunsten benachteiligter Menschen in Brasilien mich immer beeindruckt hatte. Einsatz für Mutter und Kind Hilfe durch die Kinderpastoral in Brasilien Ich arbeitete als Arzt sowohl in ländlichen Gemeinden als auch in der Gesundheitsstation (Posto de Saúde) Madre Rosa der Franziskanerinnen von »Unserer Lieben Frau von den Engeln« – bekannt als Waldbreitbacher Franziskanerinnen. Unser Gesundheitsteam wurde von der Franziskanischen Familie über die Franziskaner Mission finanziell unterstützt. Damals lag unser Hauptanliegen in der Bekämpfung der Kindersterblichkeit und des Hungers. Kampf gegen den Hunger Ganz gut erinnere ich mich noch immer an eines der vielen stark unterernährten Kinder: Es war ein Jahr alt und wog nur 2,3 Kilogramm, obwohl es mit mehr als drei Kilogramm zur Welt gekommen war. Das Kind war so schwach, dass es sich kaum bewegen konnte – es bestand nur noch aus Haut und Knochen. Durch die Mobilisierung der lokalen Gemeinschaft und die Unterstützung der franziskanischen Schwestern konnte sich das Kind innerhalb weniger Monate erholen und das für sein Alter erforderliche Gewicht erreichen. Die Mutter, die bereits jede Hoffnung aufgegeben hatte, begann eine mütterliche Bindung zu ihrem Kind zu entwickeln und weinte – im Glauben, dass sie diesmal kein weiteres Kind durch Unterernährung verlieren würde. TEXT UND FOTOS: Dr. Nelson Arns Neumann Danach begann ich, diesen Aspekt des psychischen Abwehrmechanismus zu verstehen, den ich im Medizinstudium leider nie gelernt hatte: Viele Kinder starben viel zu früh. So sollte sich eine Mutter nicht so sehr an ein Kind klammern, wenn kaum Überlebenschancen bestehen. »Engel mit nassen Flügeln können nicht fliegen« – dieses Sprichwort war weit verbreitet. Die betroffenen Mütter hatten das Gefühl, kein Recht zu haben, den Tod ihres Kindes zu betrauern. Unsere Aufgabe bestand somit nicht nur darin, ein Kind zu retten, sondern auch das Vertrauen der Mutter, der Familie und der gesamten Gemeinschaft wieder herzustellen. Durch den erfolgreichen Kampf um das Überleben kranker und unterernährter Kinder Dr. Nelson Arns Neumann (zweiter v.l.) unterwegs mit seinem Kinderpastoralteam im Landesinneren von Maranhão SENKUNG DER KINDERSTERBLICHKEIT

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