Franziskaner Mission 1 | 2025

investierte die örtliche Gesellschaft ihre gesamte Energie und ihr Vertrauen in diese Aufgabe. Der Gemeinschaftssinn und die gegenseitige Hilfe führten zu einem positiven Kreislauf und brachten Hoffnung und Wissen in andere Gemeinden. Das hätten wir aufgrund des Mangels an geschultem Personal nicht allein erreichen können. Zeit für den Wandel Nach meinen Jahren in Bacabal begann ich, für die 1983 in Paraná gegründete Pastoral da Criança (Kinderpastoral) zu arbeiten – eine bedeutende Initiative, die sich schließlich auf ganz Brasilien ausweitete. Bis Anfang der 2000er Jahre wurden mehr als zwei Millionen Kinder in über 40.000 Gemeinden in 4.300 brasilianischen Bezirken monatlich von der Kinderpastoral betreut. Diese Zahlen verdeutlichen die enorme Reichweite und Wirkung des Programms in seinen Anfangsjahren. Im Jahr 2024 wurden mithilfe einer Anwendungssoftware (App) mehr als 188.000 Kinder in 2.550 Gemeinden in Brasilien auf gesundheitliche Probleme untersucht. Die positive Erfahrung und erfolgreiche Arbeit der Kinderpastoral in Brasilien wurde in verschiedene Länder wie Guatemala, Bolivien, Kolumbien, Haiti, Paraguay, Venezuela, Guinea-­ Bissau, Angola und die Philippinen übertragen. Die Arbeitsphilosophie der Kinderpastoral besteht darin, Maßnahmen mit freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Ort durchzuführen, die die Bedürfnisse und Probleme der Gemeinden genau kennen. Diese Menschen besuchen benachbarte Familien mit schwangeren Frauen oder Kindern unter sechs Jahren und teilen ihr Wissen – auch mit weiteren Nachbarn, Verwandten und Freunden. Alle Gesundheitsaktionen und -kampagnen werden von Koordinierungsteams in den Pfarreien und Diözesen begleitet. Diese Teams verfügen über Bildungsmaterial, das vom Gesundheitsministerium, von Universitäten und wissenschaftlichen Gesellschaften sowie von Kinderärzten, Geburtshelfern und Gynäkologen bereitgestellt wird. In diesem Kontext werden die Familien zu Akteuren ihres eigenen Wandels und üben eine soziale Kontrolle über die von den Behörden angebotenen Maßnahmen und Dienstleistungen aus. Es hat sich gezeigt, dass die Grundsätze und Prozesse der gesundheitlichen Chancengleichheit sowie der Gleichstellung der Geschlechter in den Menschen eine neue Kraft erwecken, ihr Leben positiv zu verändern – nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihre Nächsten. Ohne jegliche Form von Diskriminierung sollte jeder das erhalten, was er benötigt. Und diejenigen, die am meisten Hilfe brauchen, sollten am meisten Unterstützung erhalten. Es ist Zeit für einen Wandel in der gesellschaftlichen Denkweise, damit wir alle auf den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Weg zum Frieden gelangen. Damit dieser Weg jedoch greifbar und nachhaltig ist, müsste er von innen heraus erfolgen – durch die Stärkung der Gemeinschaften und nicht durch Vorgaben von oben herab. In vielen Ländern ist das Brücken- bauen zwischen religiösen und gesundheitlichen Akteuren von großer Bedeutung für das Vertrauen in das öffentliche Gesundheitswesen. Außerdem ist das gegenseitige Lernen entscheidend, um das Wohlbefinden auf der ganzen Welt zu stärken. Die Arbeit der Kinderpastoral ist heute zugleich auch eine Inspirationsquelle für Regierungen und Universitäten, da wir alle dazu aufgerufen sind, unsere Welt gerechter, barmherziger und nachhaltiger zu gestalten. Der Autor Nelson Arns Neumann ist Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen und Epidemiologie. Von 1990 bis 2024 war er Koordinator der Kinderpastoral auf nationaler und internationaler Ebene. Seit 2025 ist er Direktor für Gesundheitsmanagement der Kinderpastoral in Brasilien. Außerdem gehört er zur Kommission der renommierten Wissenschaftszeitschrift »The Lancet« und ist Mitglied des brasilianischen Ernährungsrats »CONSEA«. Übersetzung aus dem Portugiesischen: Márcia Santos Sant’Ana Eine ehrenamtliche Helferin der Kinderpastoral besucht eine Familie von Ponta de Pedras auf der Insel Marajó im Bundesstaat Pará. 22 | 23

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