Ein Ziel vor Augen Am Anfang jeder Pilgerreise steht ein Entschluss: der Moment des Aufbruchs. Was der Jubiläumstext, die Verkündigungsbulle zum Heiligen Jahr 2025, beschreibt, hat biblische Wurzeln, wie bei Abraham, der seine Heimat verließ, ohne zu wissen, was ihn erwartet. Für viele Gläubige ist dieser erste Schritt mit großen Opfern verbunden: jahrelanges Sparen, mühselige Visa-Anträge, aufwendige Reisevorbereitungen. Doch der eigentliche Ausgangspunkt liegt tiefer – im Inneren des Menschen. Oft ist es eine Zeit der Unruhe oder der spirituellen Suche, in der die Entscheidung zur Pilgerschaft fällt. Manche befinden sich in einer Lebenskrise, andere sehnen sich nach Orientierung oder einem neuen Zugang zum Glauben. Die Motivation ist selten äußerlicher Natur – im Gegenteil: Wer pilgert, verzichtet bewusst auf Der Autor Ivaldo Evangelista Mendonça gehört zur Franziskanerprovinz »Unserer Lieben Frau von der Himmelfahrt« in Nordostbrasilien. Zurzeit absolviert er ein weiterführendes Studium in Rom. Übersetzung aus dem Portugiesischen: Márcia Santos Sant’Ana Gläubige kurz von ihrem Ziel in Rom: das Durchschreiten der Heiligen Pforte zum Jubiläumsjahr 2025 Komfort, auf klassische Erholung, auf Urlaubsfreuden. Der Weg nach Rom ist mehr als ein Reiseziel. Er ist ein Zeichen innerer Bewegung. Auch das Ziel ist weit mehr als die Heilige Pforte im Petersdom. Wer sich auf den Weg macht, sucht Transformation – und kehrt verwandelt zurück. Wie die Weisen aus dem Morgenland, die »auf einem anderen Weg« zurück in ihre Heimat gehen, bringt auch der Pilger nicht nur Andenken mit, sondern eine neue Sichtweise, einen gefestigten Glauben, eine gestärkte Hoffnung. Diese persönliche Wandlung bleibt selten privat. Viele Pilger wirken als Zeugen in ihren Familien, Gemeinden, Gemeinschaften. Sie bringen nicht nur Eindrücke mit, sondern eine lebendige Erfahrung des Glaubens. So entstehen Brücken: zwischen entfernten Orten und dem Zentrum der Kirche, zwischen Menschen und Gott. Kirche im Aufbruch Das Heilige Jahr 2025 steht unter dem Motto »Pilger der Hoffnung« und damit ganz im Sinne der Vision von Papst Franziskus: eine Kirche, die nicht stillsteht, sondern hinausgeht. Pilgern wird so zum Bild für eine Kirche, die sich auf den Weg macht, Grenzen überwindet und den Menschen nahe ist – vor allem den Leidenden. Für Gläubige aus Ländern, in denen das Christentum eine Minderheitsreligion ist, ist diese Botschaft besonders bedeutend. Oft gelten diese Regionen als Ziel missionarischer Aktivitäten. Doch beim Jubiläum ist es umgekehrt: Christen von den Rändern der Welt machen sich auf den Weg nach Rom – mit der Kraft ihres Glaubens, der Vielfalt ihrer Kulturen und dem Zeugnis ihres Alltags. So entsteht ein Geben und Nehmen: Nicht nur das Zentrum sendet aus, auch die Peripherie bereichert das Zentrum. Diese gegenseitige Bewegung ist Ausdruck einer synodalen Kirche – einer weltweiten Gemeinschaft, die gemeinsam unterwegs ist und sich in der Hoffnung stärkt. Der Beginn dieser Wallfahrt liegt in einem einfachen, aber mutigen Entschluss: dem Aufbruch. Es folgt die äußere Reise und schließlich das innere Ziel: die Verwandlung des Herzens. Denn das wahre Wunder des Jubiläums ist nicht der Weg nach Rom, sondern der Weg zu neuer Hoffnung. Wie es Jesus im Evangelium sagt: »Bittet, und es wird euch gegeben werden; sucht, und ihr werdet finden; klopft an, und es wird euch aufgetan werden« (Mt 7,7). Der Pilger ist derjenige, der mit Demut bittet, mit Beharrlichkeit sucht und mit Vertrauen an die Türen der göttlichen Barmherzigkeit klopft. 13
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