Franziskaner Mission 2 | 2025

In Zeiten, in denen Populisten lautstark Stimmung gegen Migrierende machen, sie kriminalisieren und Vorurteile schüren, setzte Papst Franziskus im Heiligen Jahr ein Zeichen. Er nahm den diesjährigen 111. Welttag der Migranten und Geflüchteten in das Programm des Jubiläumsjahres auf. Unter dem Leitwort »Migranten – Missionare der Hoffnung« werden sie am 4. und 5. Oktober 2025, also rund um das Fest des heiligen Franziskus, im Mittelpunkt stehen. (Un)heilige Pforten »Migranten – Missionare der Hoffnung« Dabei bleibt offen, wie viele von den rund 45 Millionen Pilgerinnen und Pilgern, die im Laufe des Heiligen Jahres in Rom erwartet werden, selbst ihre Geschichte vom Loslassen, von lebensbedrohlichen Ereignissen auf dem Weg und vom Fremdsein in neuer Heimat erzählen könnten. Laut einer Umschreibung der Vereinten Nationen gilt als Migrant, wer länger als ein Jahr außerhalb seines Geburtsortes lebt. Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand freiwillig oder erzwungen das Weite suchte, ob die Person im Heimatland blieb oder ins Ausland verschlagen wurde. Ein eingrenzendes und gleichzeitig ausgrenzendes »Wir« der sogenannten Einheimischen und das »Ihr« der Dazugekommenen ist daher pure Konstruktion. »Pilger und Fremdlinge auf dieser Erde« (1 Petr 2,11): Die Heilige Schrift nennt sie in einem Atemzug. Auch Franziskus begreift sich und seine Bruderschaft so (6. Kapitel seiner Bestätigten Regel). Die italienische Philosophin Donatella Di Cesare nennt diese Menschen in ihrem Buch »Stranieri residenti«, »ansässige Fremde«. Mir gefällt die Formulierung. Sie ist nicht so stigmatisierend und negativ besetzt wie »Migrant«. Darin finde ich mich wieder. An meine bisherigen Lebensorte, dort, wo ich für begrenzte Zeit ansässig wurde, kam auch ich als Fremder an. Allerdings können eine Wallfahrt (von »wallen« = »unterwegs sein«) nach Rom und das Unterwegssein Migrierender kaum unterschiedlicher sein. Während wirtschaftlich gut situierte Pilgernde für kurze Zeit ihre Komfortzone verlassen, sich in den Zug oder das Flugzeug setzen, am Zielort im DreiSterne-Hotel einchecken, ist Migration eine Wallfahrt der ganz anderen Art. »Migrieren« ist kein Abenteuerurlaub, nach dem ich einige Wochen später wieder zuhause in meinem Lieblingssessel sitze. Haus und Habe sind verkauft, Schulden wurden aufgenommen, um die meistens erzwungene »Reise« (das klingt so harmlos) zu finanzieren. Migrierende haben ihre oft schlimmen Geschichten im Gepäck, sind manchmal Jahre als Entwurzelte unterwegs und gehen einer äußerst unsicheren Zukunft entgegen. Event in Rom Das Jubiläumsjahr ist für viele vermutlich ein Event, bei dem man gerne dabei gewesen sein möchte. Für andere mag die Reise in die Ewige Stadt eine Glaubenserfahrung sein – verbunden mit dem Ziel, einen Ablass, den Erlass der zeitlichen Sündenstrafen, zu erlangen. Das ist eine Art Zinsentilgung auf dem Schuldkonto. Von Martin Luther heftig kritisiert, runzelt auch manch katholischer Zeitgenosse bei diesem theologischen Gedankengang die Stirn. Die Gewinnung des Ablasses ist an mehrere Voraussetzungen geknüpft. Dazu gehört der Empfang des Sakramentes der Versöhnung, die Teilnahme an einer Eucharistiefeier und das Sprechen des Glaubensbekenntnisses. TEXT: Frank Hartmann ofm | FOTOS: davidpeinado /stock.adobe.com; Vatican Media/Romano Siciliani / KNA Durch die Grenzbefestigung zwischen Mexiko und den USA hindurch reichen Menschen sich die Hände. 16

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