Franziskaner Mission 2 | 2025

Wesentlich ist das Durchschreiten der Heiligen Pforte im Petersdom oder weiterer Basiliken in Rom oder den in allen Diözesen dieser Welt eingerichteten »Heiligen Pforten.« Schon im Jahr 1400 heißt es dazu in einem offenen Brief aus Rom: »Wer dreimal durch diese Pforte schreitet, dem werden die Schuld und Sündenstrafen nachgelassen. Es ist ein Wunder, das die Menschen erleben … Wenn du also in das Paradies gelangen willst, dann gelingt das.« Die erwähnte Pforte ist die der Lateranbasilika, der damaligen Residenz der Päpste. Das Paradies: Ein Schritt genügt und ich bin drin. So einfach ist das. Bisher ist nicht bekannt, dass jemand abgewiesen wurde. Ganz anders gestalten sich die »Heiligen Pforten« für unzählige Frauen und Männer, Familien, allein reisende Minderjährige etwa aus dem Sudan, dem Kongo, der Ukraine, Venezuela oder Haiti. Es sind eher »Unheilige Pforten«. Es sind die Grenzen der Vereinigten Staaten oder der Europäischen Union. Anders als in Rom ist das Durchschreiten dieser Pforten wesentlich schwieriger bis vollkommen unmöglich. Denn immer häufiger werden Grenzen vieler Zielländer von Politiktreibenden und Meinungsmachern wie »Heilige Pforten« behandelt. Im Gegensatz zum offenen Portal in Rom sollen diese aber möglichst geschlossen und gut bewacht sein. Hohe Metallzäune, Stacheldraht, Kameras und Grenzpatrouillen verhindern das Durchschreiten vieler Schutzsuchender. Auswandern ist ein Menschenrecht, Einwandern scheinbar nicht. Die dahinterliegenden »Paradiese« sind nicht der große Traum der Ausgewanderten. So naiv macht sich kaum jemand auf den Weg. In Deutschland, Italien, in den USA und anderswo hoffen Menschen auf Anerkennung ihrer Rechte, auf ein menschenwürdiges Leben in Freiheit und Sicherheit. Kreuzwege »Diese ganzen Strapazen nehmen wir aus Liebe zu unseren Kindern auf uns«, sagt Miguel. Mit seiner Frau Giselle und ihren beiden Töchtern Elisa und Yoana, drei und fünf Jahre alt, waren sie bei uns zu Gast in der »Casa del migrante«. Dies ist eine Unterkunft des »Franziskanischen Netzwerks mit Migranten« in Guatemala. Was er »Strapazen« nennt, das sind lebensgefährliche Wegstrecken im LKW-Container, auf Güterwaggons. Das sind tagelange Fußmärsche. Bei Temperaturen um die 40 Grad Celsius hat seine Familie den DariénDschungel durchquert und war dabei ständig der Gefahr ausgesetzt, überfallen, erpresst, schlimmstenfalls sexuell missbraucht und getötet zu werden. Wer diese »Strapazen« überwunden hat, dem sind doch hoffentlich für den Rest seines Lebens sämtliche »Sündenstrafen« getilgt. Kurze Rückblende. Weihnachten 2024 haben Millionen auf dem Bildschirm die Eröffnung des Jubiläumsjahres mit der Öffnung der Heiligen Pforte verfolgt. Papst Franziskus ließ sich im Rollstuhl dicht an die Pforte fahren. Er klopfte an diese und wie von Geisterhand bewegt öffnete sie sich nach innen. Nachdem er mit seinem liturgischen Gefolge in den Petersdom eingezogen ist, folgte eine bewegende Szene: Eine Gruppe von rund 50 Frauen und Männern aus allen Kontinenten ging durch die Heilige Pforte. Stellvertretend für die Weltkirche, stellvertretend für jede Migrantin und jeden Migranten waren auch sie »drin«. Ihnen wurde nicht großzügig von anderen »ansässigen Fremden« wie etwa Papst Franziskus, der aus Argentinien stammte, Gastfreundschaft gewährt. Sondern sie gehören als Schwestern und Brüder selbstverständlich dazu. Zwei Tage darauf öffnete Papst Franziskus eine weitere Heilige Pforte, diesmal in einer Justizvollzugsanstalt in Rom. Was für ein starkes Zeichen! Gleich- zeitig höre ich Menschen mit Migrationsgeschichte rufen: Lasst uns heraus aus dem Gefängnis eurer Vorurteile! Hört auf, uns als »Illegale und Kriminelle« zu ver- unglimpfen! Wir haben unser Leben aufs Spiel gesetzt. Wir wollen unseren Familien und uns selbst menschenwürdiges Leben ermöglichen. Wir sind bereit, Arbeiten zu übernehmen, die bei euch keiner macht. Wir bereichern euch mit unserer Kultur, auch mit unserer Art zu glauben. Gegenwart des Glaubens »Migranten – Missionare der Hoffnung«. Einer, der dies unterstreicht, ist Bischof Mark Seitz. Er lebt in El Paso, Texas/USA, direkt an der Grenze zu Mexiko. Trotz aller Schwierigkeiten und Risiken, die unsere Brüder und Schwestern Migranten auf sich nehmen, so der engagierte Seelsorger in einer Videokonferenz, habe er noch nie Menschen mit mehr Hoffnung gesehen als diese. Von ihnen könne man lernen, unterwegs zu sein wie Pilger und offen für Neues. Er sei überzeugt: Wer mit Migranten zu tun habe, gehe gestärkt daraus hervor, in der Hoffnung und im Glauben. Der habe mehr empfangen als gegeben. Denn sie tragen den Reichtum ihres Glaubens mit sich. Für den Bischof sind sie die »Gegenwart des Glaubens«. Der Autor Frank Hartmann gehört der Deutschen Franziskanerprovinz an und lebt seit 2022 in Guatemala. Er ist Mitarbeiter in der Migrantenherberge »San Hermano Pedro« in Mezquital und stellvertretender Leiter der Kommission Seelsorge an Migrierenden der Ordensleutekonferenz. Quelle: www.dbk.de/themen/heiliges-jahr-2025/glossar Papst Franziskus öffnete die Heilige Pforte in der Kapelle im Gefängnis Rebibbia am 26. Dezember 2024 in Rom, Italien. 17

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