»Bei einem Gang über die Kinderstation fanden wir ein circa zweijähriges stark abgemagertes Mädchen, welches eher wie ein 9 Monate alter Säugling wirkte. Die allgemeine Entwicklung erwies sich – auch ohne gezielte Diagnostik – als erheblich verzögert. Dieses Mädchen wie auch andere Kinder wirkte fragil, klein und dünn. Ausgemergelte Ärmchen ragten aus scheinbar zu weiten Ärmeln hervor, das eingefallene Gesichtchen mit den großen Augen erschien greisenhaft alt.« »Bei einem Rundgang durchs Dorf bittet uns eine ältere Frau hinein in ihre schummrig beleuchtete Hütte. Auf einem weißgedeckten Tisch liegt ein etwa zwei Jahre altes Kind. Es ist tot. Der kleine Leichnam ist in einer weißen franziskanischen Kutte gekleidet, um ihn herum liegen frische Blumen und es brennen Kerzen …«. Unverhältnismäßig viele Kleinkinder zeigten ein eklatantes Untergewicht. Nachforschungen ergaben, dass in dieser Region rund 37 Prozent der kleinen Kinder unter fünf Jahren teilweise schwer unterernährt sind. Das Problem der dauerhaften Fehl-, Mangel- und Unterernährung ist komplex. Die monotone Ernährung mit Reis und anderen »leeren« Kohlehydraten führt zu fatalen Folgen wie einer allgemeinen Abwehrschwäche gegenüber Infektionskrankheiten. Ebenso komplex sind die allgemeinen Entwicklungsverzögerungen dieser Kinder, die zu spät laufen, zu spät sprechen, dem Schulunterricht nicht folgen können. Prävention, Früherkennung, therapeutische und pädagogische Frühhilfen sind in dem bolivianischen Gesundheitssystem nicht vorgesehen, von integrativen Möglichkeiten ganz zu schweigen. Immer wieder schickte uns der Himmel Begegnungen, Zufälle, Mitstreiter, Unterstützer, die dazu führten, allmählich ein tragfähiges Netzwerk zwischen den Ordensschwestern, der lokalen Gemeinde und nicht zuletzt der großzügigen Hilfe der Franziskaner Mission aufzubauen. Heute, im Jahr 2025, dürfen wir alle stolz darauf sein, wenn wir auf die drei funktionierenden Einrichtungen schauen. Dazu gehören die beiden Zentren TAU 1 und TAU 2 für heil- und sonderpädagogische Förderung. Das Herzstück ist das Ernährungszentrum Santa Clara, dessen Team unter Schwester Yanira die weit entlegenen Hütten aufsucht, um dort gefährdete Kinder aufzufinden. Es sind nicht nur die unterernährten, sondern auch die chronisch kranken und behinderten Kinder, die Kinder mit Missbildungen. Sie alle werden registriert, betreut, begleitet, mit Nahrungsmitteln und Medikamenten versorgt. Für die Eltern gibt es Kochkurse auf Sojabasis, Unterweisung in Hygiene, Müllvermeidung, Sauberkeit und Ordnung. Dies alles rundet das Programm im Kampf gegen die Unterernährung ab. Freilich ist Geduld angesagt, aber auch Mut, mögliche Mitstreiter anzusprechen und zur Mitarbeit zu gewinnen. Auf unserem gemeinsamen Weg musste wohl der eine oder andere über seinen Schatten springen, um letzten Endes unseren vielen kleinen »Auftraggebern« in ihren elementaren Bedürfnissen gerecht zu werden. Mit dem Buch »Der Himmel spielt mit« wird aufgezeigt, wie gemeinsame Ideen gebündelt und realisiert werden können. Das Buch kann bestellt werden bei muenchen@ franziskanermission.de. Die Kosten von 29,00 Euro zuzüglich Versandkosten kommen in voller Höhe dem Projekt zugute. Die Autorin Ute Glock ist pensionierte Kinderärztin aus Büdingen und hat, zusammen mit den Franziskanerinnen in Ascensión, das Zentrum für unterernährte Kinder gegründet. Auszüge aus dem Buch sind hier kursiv gesetzt.
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