ausgrenzende Denkweise wider, da er Menschen auf bloße Zahlen reduziert. Christen sind Menschen und fordern, als vollwertige Bürger anerkannt zu werden. Als Menschen verlangen sie die Anwendung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO, insbesondere die Rechte auf Staatsbürgerschaft und Gleichheit sowie auf Freiheit. Leider hat die Zahl der Christen in Syrien drastisch abgenommen. Während es vor dem Jahr 2011 noch zwei Millionen waren, gibt es heute schätzungsweise nur noch 400.000. Die Gesamtbevölkerung beträgt derzeit etwa 24 Millionen. Sollte sich die Lage im Land nicht stabilisieren, wird die Auswanderung weitergehen. Ein säkularer oder zumindest ziviler Staat wäre die Lösung, um alle Komponenten der syrischen Gesellschaft zusammenzuhalten. Ein religiöser Staat, wie ihn die derzeitige Regierung zu formen scheint, gibt den Christen keine Hoffnung für die Zukunft. Auch die Rolle der Frauen ist entscheidend. Jede Form der Diskriminierung von Frauen – unabhängig Der Autor Pater Firas mit Kindern in Damaskus davon, ob sie christlich sind oder nicht – wird Hindernisse für den Wiederaufbau der syrischen Gesellschaft schaffen. Neue Regierung Erst vor Kurzem wurde die neue syrische Regierung bekannt gegeben. Es ist die erste Regierung nach dem Sturz Assads. Hind Kabawat – die einzige Frau in der Regierung – ist Christin und wurde zur Ministerin für soziale Angelegenheiten ernannt. Die neue Regierung behauptet, die ethnische und religiöse Vielfalt des Landes widerzuspiegeln und ein technokratisches Kabinett zu sein. Doch die syrische Gesellschaft gleicht heute einem Minenfeld. Es gibt keinen Bereich im Land, der nicht von der Krise betroffen ist – sei es das Gesundheitswesen, das Bildungswesen, der Finanzsektor oder der Handel sowie die Infrastruktur. Es ist absolut notwendig, Sanktionen aus der Assad-Zeit aufzuheben und mit dem Wiederaufbau Syriens zu beginnen – nicht nur in Bezug auf die physische Infrastruktur, sondern vor allem auch im Sinne der Wiederherstellung der menschlichen Würde durch wirksame Programme, die die Menschen heilen und das Zusammenleben der Syrerinnen und Syrer fördern. Letztlich hängt Syriens Zukunft von der Fähigkeit seiner Bevölkerung ab, zusammenzuleben und zu arbeiten – ohne Diskriminierung oder Ausgrenzung. Die aktuelle Lage in Syrien zu beschreiben, ist aufgrund der Komplexität der Geschehnisse nicht einfach. Die Geschwindigkeit der Ereignisse und die Intensität der Entwicklungen erschweren diese Aufgabe zusätzlich. Franziskaner in Syrien Wir Franziskaner sind in ganz Syrien präsent und setzten uns während des Krieges und weiterhin heute mit vielfältigen Projekten für die Ärmsten der Armen ein. Nach dem Vorbild des heiligen Franziskus von Assisi, ein Mann der Versöhnung und des Dialogs, versuchen wir Franziskaner, Brücken der Begegnung zwischen Menschen unterschiedlicher Religion, Herkunft und ethnischer Zugehörigkeit zu bauen. Der Autor Firas Lutfi ist Guardian der Franziskanergemeinschaft in Damaskus, Syrien, und setzt sich mit seinen Brüdern für christliche Gemeinden vor Ort ein. Übersetzung aus dem Englischen: Pia Wohlgemuth Pater Firas macht sich ein Bild von den verheerenden Zerstörungen in den Straßen von Aleppo. 25
RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=