Franziskaner Mission 2 | 2025

Liebe Leserin, lieber Leser! TITEL Das Titelbild zeigt den kroatischen Franziskanermissionar Miroslav Babić in Subukia, Kenia. Zu sehen sind Kinder mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen, die am Toreingang der Einrichtung »Small Home« stehen. Ein Ort, in dem sie Integration und Inklusion erfahren dürfen. Das entspricht auch der christlichen Berufung, bedürftige Menschen immer im Blick zu haben und für sie da zu sein. Franziskanerinnen und Franziskaner in unseren Missionsgebieten öffnen Türen für Entrechtete und Ausgestoßene – nicht nur im Heiligen Jahr. Die Szene kommt mir immer wieder in den Sinn. Während meiner Studienzeit in Rom habe ich in einer internationalen Fraternität gelebt. Ein sehr sympathischer Mitbruder aus Kuba hatte die mir weniger sympathische Angewohnheit, ständig die Tür unseres Gemeinschaftsraums offen stehen zu lassen. »Mach doch endlich mal die Tür zu!«, rief ich ihm einmal leicht genervt nach. »Türen sind schließlich dazu da, dass man sie zumacht!« Da war mein deutscher Ordnungssinn mit mir durchgegangen. Ich sehe noch heute, wie er abrupt stehenblieb und mich einigermaßen entgeistert ansah: »Was? Türen sind da, dass man sie zumacht? Nein, Türen sind da, damit man sie aufmacht!« Manchmal bin ich tatsächlich heilfroh, wenn ich auch einmal die Tür hinter mir zumachen kann. Bei Durchzug, wenn alle Türen offen stehen, kann man sich leicht erkälten. In Konzentrationslagern wurden Menschen systematisch kaputt gemacht, indem man ihnen jede Privatsphäre nahm. Aber das andere ist ebenso schlimm: Jemand knallt mir die Tür vor der Nase zu. Ich werde ausgeschlossen. Oder habe mich selbst eingeschlossen. »Du bist ohnmächtig. Du hast keinen Schlüssel und deine Tür hat innen kein Schloss. Wenn nicht einer kommt und aufmacht, bleibst du gebunden und arm im Elend«, schreibt Alfred Delp 1944 mit gefesselten Händen im Gefängnis Berlin-Tegel. Offene Türen sind darum meistens Bilder der Hoffnung, angefangen von dem Fuß, den man in eine Tür bekommt, über einen »Tag der offenen Tür« bis hin zur Öffnung der Heiligen Pforte in einem Heiligen Jahr. »Porta patet et cor magis« steht über dem Eingang vieler Zisterzienserabteien: »Die Tür steht offen – und das Herz noch mehr.« Wie schön, wenn ein Mensch zum anderen ehrlich sagt: Meine Tür steht immer offen für dich! Auch Jesus öffnet Türen. Mit seiner Geburt öffnet sich das mit Schloss und Riegel verbarrikadierte Tor des Himmels, davon singen wir im Advent und an Weihnachten. »Ich bin die Tür«, sagt er von sich selbst (Joh 10,9). Er isst mit Sündern und holt Menschen, die religiös und gesellschaftlich ausgeschlossen werden, herein in die Gemeinschaft mit Gott. Wo er auf verschlossene Türen trifft, lädt er sich auch schon einmal selbst ein wie beim Zollner Zachäus oder tritt nach seiner Auferstehung durch verschlossene Türen in den Kreis der Jünger. Wir sind eingeladen, ihm die »Tür des Herzens« zu öffnen und ihn in unser Leben einzulassen: »Ich stehe vor der Tür und klopfe an!« (Offb 3,20). Der verstorbene Papst Franziskus hat das gewohnte Bild umgedreht: Jesus klopft nicht von außen, sondern von innen an die Tür der Kirche, damit wir ihn hinauslassen in die Welt … Christen sind Türöffner. Es wird nicht immer gelingen, jede Tür sperrangelweit aufzureißen. Manchmal genügt es schon, eine Tür wenigstens einen Spalt weit zu öffnen, damit etwas frische Luft hereinkommt oder ein bisschen Licht ins Dunkel fällt. Blättern sie einfach einmal in dieser neuen Nummer unserer Zeitschrift »Franziskaner Mission« wie im Prospekt eines spirituellen Schlüsseldienstes zum Heiligen Jahr. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. P. Cornelius Bohl ofm Sekretär für Mission und Evangelisierung 3

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