Der Autor Stefan Federbusch ist Provinzialvikar der Deutschen Franziskanerprovinz in München. Er engagiert sich unter anderem für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Papst Franziskus öffnete die Heilige Pforte im Petersdom. ihn stattfinden, denn er saß im französischen Avignon im Exil fest. Urban VI. setzte die Zeitspanne im Jahre 1389 gar auf 33 Jahre herab in Anlehnung an die Lebensjahre Jesu. In rascher Folge wurden dann 1390, 1400, 1413 und 1423 Heilige Jahre gefeiert. Um 1400 herrschte eine ähnlich aufgeladene religiöse Spannung wie zur Jahrhundertwende zuvor. Aus Südfrankreich kamen rund 120.000 Büßer und religiöse Fanatiker. Nach der Farbe ihrer Kutte wurden sie »Bianchi – Zug der Weißen« genannt. Nikolaus V. erhöhte 1450 die Zahl der Pilger nach Rom deutlich durch die Heiligsprechung des großen franziskanischen Predigers Bernhardin von Siena. Paul II. setzte im Jahr 1470 unabänderlich fest, dass Heilige Jahre ab 1475 alle 25 Jahre zu begehen seien, damit jede Generation die Möglichkeit habe, ein solches zu erleben. Angesichts politischer Umstände konnten einige Heilige Jahre gar nicht oder nur mit Einschränkungen begangen werden. Von 1825 bis 1900 blieb die Heilige Pforte geschlossen. Auch ist es 2025 nicht das erste Mal, dass ein Heiliges Jahr von einem anderen Papst beendet wird, als es eröffnet wurde. Im Jahr 1700 verstarb Innozenz XII., sodass das Heilige Jahr von Clemens XI. weitergeführt wurde. Der Ritus der Eröffnung ist seit dem achten Heiligen Jahr 1500 derselbe: Der Papst öffnet die Heilige Pforte des Petersdoms mit einem dreifachen Hammerschlag und spricht einen Segen. Er ist dann der erste, der sie durchschreitet. Die Heilige Pforte wird am Ende des Jubiläumsjahres bis zum nächsten wieder verschlossen. Das Jubeljahr Das »Heilige Jahr« geht zumindest indirekt auf das biblische Erlassjahr zurück. Alle 50 Jahre sollte es einen Schuldenerlass und Besitzausgleich für alle Israeliten geben (vgl. Levitikus 25,8-55). Zur Eröffnung wurde das Schofar geblasen, ein Instrument hergestellt aus Widderhörnern. Diese werden im Hebräischen »jobel« genannt; daher die Bezeichnung »Jobeljahr« beziehungsweise »Jubeljahr« und unser Fremdwort »Jubiläum«. Die Redewendung »alle Jubeljahre« verweist auf die Seltenheit eines solchen Jubiläumsjahres. Während im alten Israel der Erlass der Schulden und die Freilassung der Sklaven im Mittelpunkt standen, ist es in der katholischen Kirche der Ablass, der Nachlass zeitlicher Sündenstrafen. Ein vollkommener Ablass wurde gewonnen, wenn die Pilger in Rom die Sakramente der Buße und der Eucharistie empfingen und die Heiligen Pforten der Patriarchalbasiliken Sankt Peter, Santa Maria Maggiore, Sankt Johannes im Lateran und Sankt Paul vor den Mauern durchschritten. Mit dem Ablassgedanken tun wir uns heute schwer und es ist auch theologisch umstritten, ob an ihm festgehalten werden sollte. Das »Heilige« verweist auf das Heil Gottes, auf seine Liebe, Güte und Barmherzigkeit, deren Erlangung heute anders gesehen wird als in früheren Zeiten. Was bleibt, ist die Erneuerung im Glauben. Ein Heiliges Jahr ermutigt, auch in schwierigen Zeiten, als »Pilger der Hoffnung« unterwegs zu sein. Bei unserem Provinzkapitel in Vierzehnheiligen in Oberfranken gab es in der Einstiegs- und Abschlussliturgie eine »Heilige Pforte« in Form eines TAUKreuzes, auf dem die Begriffe Hoffnung, Zuversicht und Zukunft standen. Ein sprechendes symbolisches Zeichen. Durch diese Segens-Pforte haben wir mehrmals täglich unseren Tagungssaal betreten und sind am Ende durch sie wieder in die Welt gesandt worden. Das mediale Interesse rund um eine Papstwahl zeigt, dass trotz aller Kritik immer noch eine Faszination von der Inszenierungsfähigkeit von katholischer Kirche ausgeht. Zudem boomt das Pilgerwesen. Menschen sind unterwegs, um zu sich selber zu finden … und manche auch auf der Suche nach Gott und der Erneuerung ihres Glaubens. Menschen feiern, um die Zeit zu strukturieren und ihr Leben zu gestalten. Alle drei Faktoren sprechen dafür, dass es auch in Zukunft Heilige Jahre geben wird. 7
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