Heute trage ich auch den franziskanischen Habit. Aber das bedeutet keinen Abschied von meinem persönlichen Stil. Ich trage ihn zu besonderen liturgischen Anlässen, bei Veranstaltungen der Diözese oder wenn die Arbeit es erfordert. Im Alltag, bei der Hausarbeit, bleibe ich derselbe, in meiner gewohnten Kleidung. Deshalb fällt mir das Tragen des Habits nicht schwer – denn ich habe meine Ausdrucksweise nicht verloren. Wenn ich den Habit trage, spüre ich das Gewicht seiner Geschichte. Für mich steht er für das franziskanische Charisma, das ich angenommen habe, und verbindet mich mit Franziskus von Assisi, der seinen Habit aus Stoffresten nähte. Es ist ein Kleidungsstück mit tiefem Sinn. Mit ihm begegnen mir die Menschen mit einem anderen Respekt. Sie wählen ihre Worte vorsichtiger, aber gleichzeitig öffnen sie sich mit einem Vertrauen, das nach Begleitung sucht. Bei der Arbeit in den ärmeren Vierteln der Stadt wird der Habit zu einem Symbol der Sicherheit und Hoffnung. Obwohl es anfangs ungewohnt war, den Habit zu tragen, ist es mit der Zeit zu einer Freude geworden – zum glücklichen Ausdruck des Lebens, das ich gewählt habe. »Teil meines Selbst« Ich komme aus einem Land der indigenen Gemeinschaften, doch ich identifiziere mich als Guajiro und bewahre mit Sorgfalt meine Wayuu-Traditionen und -Glaubensvorstellungen. Für uns ist Kleidung etwas Heiliges – sie ist die Verteidigung unseres Erbes und eine Art, unseren Gott zu ehren. Die Frauen tragen ihre ›mantas guajiras‹, wir Männer unsere ›waireñas‹ und Hüte. Es ist kein Kostüm für Feste, sondern unsere tägliche Haut – die Kleidung der Bauern und Fischer. Mein persönlicher Stil ist keine Modeerscheinung, sondern das Wesen des Guajiro-Seins. Wenn man mich fragt, ob es schwierig ist, den Habit zu tragen und sich nicht mehr durch Kleidung ausdrücken zu können, lautet meine Antwort: nein. Meine Identität ist nicht verschwunden. Zu diesem franziskanischen Stoff trage ich immer noch meine ›waireñas‹ (bunte Stoffschuhe) und damit mein guajirisches Wesen. Ich habe gelernt, den Habit zu einem Teil meines Selbst zu machen – als ein weiteres Profil, das mich definiert. Ihn zu tragen ist weniger ein Gefühl als vielmehr die Verantwortung. Manchmal begegnen mir die Menschen mit einer gewissen Distanz, mit Ehrfurcht, die mich abgrenzt. Dann bitte ich sie, das nicht zu tun – und erinnere sie daran, dass der heilige Franziskus uns alle zu Brüdern gemacht hat und dass sie mich als ihresgleichen behandeln sollen. Ich bin glücklich, wenn ich den Habit trage. Glücklich und zugleich durch das Gewicht einer großen Verantwortung geprägt, besonders heute, da man kaum noch Ordensleute im Habit sieht. Es ist mir eine Ehre, dieses Kleidungsstück, das meinen Glauben repräsentiert, sichtbar zu halten, ohne je die Kultur zu verstecken, die mir das Leben geschenkt hat.« Johan Alexander Quebrada Diaz ofm aus Santiago de Cali in der Region Valle del Cauca Rafael Fernando López Vanegas ofm aus Dibulla in der Region La Guajira 12
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