Franziskaner Mission 3 | 2025

Moderne Einflüsse Auch die traditionelle Kleidung der Jarai bleibt von den modernen Einflüssen nicht unberührt. Jeans oder T-Shirts gehören immer mehr zur Alltagskleidung der Menschen. So werden die traditionellen Kleidungsstücke häufig nur noch bei Festen im Leben der Jarai getragen. Man sieht sie mehr bei den touristischen Führungen, wo sie nur zur Schau gestellt werden. Und man findet sie als Andenken in vielen Souvenirläden. Was kann man gegen diese Einflüsse tun? So lautet die wichtige Frage bei den Franziskanern, die mit dieser Tradition und Kultur zu tun haben. Folgende Vor- schläge wurden gemacht, um die Kleiderkultur zu bewahren: Den jungen Menschen wird der Wert ihrer traditionellen Kleider vermittelt. Die traditionellen, kulturellen Elemente werden in die Aktivitäten der Gemeinschaft, in die Kindererziehung und ins religiöse Leben integriert. Der Beruf des traditionellen Webers soll gefördert werden. Und die traditionelle Kleidung soll mit neuen modernen Formen gestalten werden, ohne dabei ihre Eigenheit zu verlieren. Die drei wichtigsten Merkmale der Mission der Franziskaner in Vietnam sind Gesundheitsversorgung, Zugang zu Bildung und Bewahrung der Kultur. Die franziskanischen Ordensbrüder sind bemüht, die einzelnen Elemente der Jarai-Kultur zu bewahren und zu beschützen: Sie zu fördern und voranzutreiben ist inkulturativ und missionarisch. Das heißt, das Wort Gottes wird mit den kulturellen Elementen in ihre Kultur eingebracht und diese gestärkt. Die traditionelle Kleidung der Jarai ist eines von vielen Elementen dieser Kultur. Es geht nicht um nur etwas »Schönes und Äußerliches«, sondern das Tragen und Sich-Zeigen der Kleider stiftet eine Identität, die die Jarai bewahren und beschützen wollen. Das Vermengen mit anderen Kulturen, wie die von der Kinh Gruppe, ist mit Sorgfalt zu gestalten, falls es dazu käme. Die heutige Bewegung des Materialismus lässt sich nicht vermeiden, weil man selbst darin verfangen ist. Das Bewusstsein über die eigene Kultur ist in diesem Fall zu fördern und zu stärken, und zwar von Kindesbeinen an. Nur so kann die Kleiderkultur der Jarai heute, in der Zeit der Wegwerfgesellschaft, und zukünftig überleben. Der Mitautor Chi Thien Vu gehört zur Deutschen Franziskanerprovinz und arbeitet als Seelsorger in Dortmund. Außerdem pflegt er den Kontakt mit vietnamesischen Gemeinden in Deutschland und mit den Franziskanern in Vietnam. Der Mitautor Trung Phat Nguyen gehört der vietnamesischen Franziskanerprovinz an und lebt in der Stadt Pleiku, wo er verschiedene Projekte zugunsten der ethnischen Minderheiten betreut. TEXT: Chi Thien Vu ofm; Trung Phat Nguyen ofm | FOTOS: Trung Phat Nguyen ofm In Vietnam existieren 54 Volksgruppen, die in verschiedenen Regionen Vietnams anzutreffen sind. Eine Gruppe sind die Jarai, eine ethnische Minderheit, die in den beiden Provinzen Kontum und Gia Rai (Tây Nguyên) ihre Heimat hat. Symbol der Sprache Die traditionelle Kleidung der Jarai dient nicht nur als Schutz für den Körper. Sie ist vielmehr wie eine Sprache ohne Worte, mit der die Jarai ihre kulturelle Besonderheit, die Tradition der Vorfahren und die Verbundenheit innerhalb des eigenen Volkes zum Ausdruck bringen. Die Farben sowie die traditionellen Muster und das Tragen der besonderen Kleidungsstücke lassen ihre gesellschaftliche Geschichte erkennen. Traditionelle Kleider der Jarai sind nicht so anspruchsvoll und prächtig wie die der anderen in den Bergregionen lebenden Völker. Sie zeigen dennoch einen tiefen und starken Ausdruck. Die kräftigen Farben, die traditionellen Muster sowie die Qualität des Materials spiegeln eine geistige Haltung und die Lebensart der Menschen wider. Die wichtigsten Farben sind Schwarz und Rot. Der Stoff wird mit Blättern verschiedener Pflanzen gefärbt und symbolisiert die Reife und Verbundenheit der Menschen mit der Erde und Natur. Auf den Kleidungsstücken verlaufen einfache farbige Linien horizontal oder vertikal. Die traditionellen Muster auf den Kleidern zeigen kein überladenes Dekor: Die horizontale und vertikale Ebene kennzeichnen das ganze Universum mit den Bergen und dem Leben der Menschen. Naturnah und handgefertigt Die Fasern der Kleidung werden aus den verschiedenen Pflanzenteilen, wie Blüten und Holzfasern, von Hand hergestellt. Der Stoff ist oft dick gewebt und fest. Man kann ihn auf vielfältige Weise verwenden. Die Webereien sind noch heute in den Dörfern der Jarai aktiv. Diese Art der Produktion wird bewusst angewendet und an die nächsten Generationen weitergegeben. Traditionelle Kleidung stärkt die Zugehörigkeit innerhalb der Jarai-Gemeinschaft. Deshalb wird diese Kleidung bei wichtigen Gelegenheiten getragen, etwa beim Gottesdienst oder bei kulturellen Festen. Darüber hinaus spielt sie eine bedeutende Rolle bei gesellschaftlichen und spirituellen Anlässen wie Verlobungen, Hochzeiten, dem Erreichen der Volljährigkeit sowie bei religiösen Ritualen. Gleichzeitig ist die Kleidung der Jarai einfach und praktisch. So lässt sie sich sowohl bei Festen als auch im Alltag tragen. Die Männer tragen einen Lendenschurz mit einer ähnlichen kurzen Tunika. Die Frauen tragen Hemden mit langen Ärmeln, dazu als Kleid eine Stoffbahn um die Hüften gewickelt. 23

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