Der Herausgeber dieser vier Lebenszeugnisse Richard Cortés López stammt aus Esmeraldas in Ecuador. Er ist Provinzialminister der Franziskanerprovinz San Pablo Apóstol in Kolumbien und hat für diesen Artikel junge Ordensbrüder über ihre Erfahrungen mit dem Ordensgewand befragt. Übersetzung aus dem Spanischen: Pia Wohlgemuth »Unübersehbare Sichtbarkeit« Für mich war die erste Erfahrung mit dem Habit wirklich überwältigend. Tatsächlich war es eine meiner größten Motivationen für diesen Weg. Das Ordensgewand war die greifbare Verwirklichung eines Versprechens, ein sichtbares, kraftvolles Sym- bol des Lebens, das ich gewählt hatte. Doch dieser Idealismus prallte bald auf die raue Wirklichkeit des Alltags. Ich erinnere mich ganz genau an einen Moment, als ich ihn zwei Tage lang in Cartago trug. Als ich in den Bus stieg – ein so alltäglicher, öffentlicher Raum –, spürte ich, wie sich die Atmosphäre um mich herum veränderte. Plötzlich war ich kein Mensch unter vielen mehr; ich war zur Attraktion geworden. Die Blicke der anderen Fahrgäste klebten an mir – manche neugierig, andere deutlich irritiert oder sogar misstrauisch. Aus den Gesprächen der Menschen hörte ich Sätze wie: »Schau mal, dieser junge Pater.« Ein Mann sprach mich sogar direkt an, mit einer Frage, die mich sehr verstörte: »Entschuldigen Sie, junger Mann, sind Sie Araber?« Da wurde mir klar: Für viele ist der Habit kein Symbol meines Glaubens, sondern ein exotisches, fremdes, missverstandenes Kleidungsstück. Das Gefühl war überwältigend. Ich hörte auf, einfach ich zu sein – und wurde zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Ich fühlte einen ständigen Druck, als würde jede meiner Bewegungen beobachtet und bewertet. Diese Dauerbeobachtung ermüdete mich und machte mich verletzlich. Ehrlich gesagt, war diese Erfahrung sehr entmutigend. Der anfängliche Stolz und die Freude verwandelten sich in Zurückhaltung und Scheu. Ich beschloss, ihn nicht mehr so häufig zu tragen. Eine Zeit lang reservierte ich ihn für besondere Feiern oder für Umgebungen, in denen die Menschen seine Bedeutung besser verstehen – sichere Räume, in denen der Habit das sein darf, was er ist, und kein Anlass für ständige Fragen. Außerhalb dieser Momente kehre ich zu meinem alltäglichen Stil zurück: jung, urban – bequeme Turnschuhe, Jeans und meist übergroß geschnittene Hemden. Das ist die Kleidung, in der ich mich als mich selbst fühle, in der ich untertauchen und einfach nur einer von vielen sein kann – ein völliger Kontrast zur unübersehbaren Sichtbarkeit und dem symbolischen Gewicht, das das Tragen des Habits mit sich bringt.« Eider Alejandro Villada ofm aus Puerto Asís in der Region Putumayo 13
RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=