Embarcación ist eine Stadt mit etwa 71.000 Einwohnern im Norden Argentiniens. Wir Franzis- kanerinnen von der Gemeinschaft Hermanas Franciscanas Misioneras de María betreuen hier die Gemeinde im Stadtviertel Misión Franciscana. Hier leben etwa 300 Familien indigener Gemeinschaften der Wichí und Guaraní – viele ohne Arbeit, ohne Perspektive und immer stärker bedroht von Armut und Drogenmissbrauch. Einzigartiges Schuhwerk Franziskanerinnen ermöglichen festen Schritt Unser erstes Projekt neben der Gemeindearbeit war ab 1997 ein Kinderhort mit Hausaufgabenhilfe und die Suppenküche für indigene Kinder, die in Argentinien ausgegrenzt und abgewertet werden. Dieses Projekt war schon einmal ein ordentlicher Meilenstein und eine große Hilfe für die Kinder. Doch man kann den Kindern nicht wirklich helfen, wenn man nicht auch deren Familien im Blick hat. Die Not kriecht hier wirklich durch alle Ritzen und manchmal habe ich das Gefühl, wir kämpfen gegen Windmühlen. Deshalb haben wir im Herzen der Familie angesetzt: bei den Müttern. Viele tragen die gesamte Last der Familie. Ihre Männer arbeiten in prekären Jobs oder haben die Familie verlassen. Die Frauen selbst haben oft keine feste Anstellung. »Wir hängen von staatlichen Hilfen ab, die nicht reichen, um die Kinder zu ernähren«, erzählt Graciela, Mutter von sechs Kindern. Eine ihrer größten Sorgen: ihr erkrankter Sohn. Aber es sind nicht nur Krankheiten, die die Familien bedrohen. »Es bricht mir das Herz, meine Kinder in Drogen und Alkohol versinken zu sehen«, sagt sie mit Tränen in den Augen. Tradition bewahren Viele Frauen beherrschen von klein auf Kunsthandwerk – das Weben, Flechten, Schnitzen. Doch die Materialien, die sie benötigen, werden knapper. »Früher haben wir Taschen aus Chaguar-Fasern gemacht«, erzählt Fabiana, 35 Jahre alt, Mutter von vier Kindern. »Heute findet man diese Pflanzen kaum noch. Die Wälder werden abgeholzt. Ohne Chaguar können wir keine Taschen mehr herstellen. Und ohne Arbeit sitzen wir nur zu Hause.« Meine Mitschwestern und ich beobachteten, wie die Frauen resignieren. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch seelisch. »Wenn du immer nur hörst, dass du nichts kannst und nichts wert bist, glaubst du es irgendwann selbst«, erklärt mir Fabiana. Unser Projekt wurde aus einer Frage geboren, einer einfachen, verzweifelten Frage: »Hermana, und wer denkt an uns?« Diese Frage stellte Graciela mir eines Tages und ich wusste: Wir müssen etwas tun. Etwas, das die Frauen wieder stolz macht. Etwas, das sie verbindet. Etwas, das ihnen Einkommen bringt – aber auch Würde. So entstand die Idee zum Projekt »Única, Pisando Fuerte« – »Einzigartig – mit festem Schritt«. Zeichen des Aufbruchs Alpargatas – das sind einfache, leichte Schuhe aus Leinen oder Stoff, mit Sohlen aus Jute oder Gummi. Sie gelten in Argentinien als Schuhwerk der sogenannten kleinen Leute: Bauern und indigene Gemeinschaften. Für uns im Projekt stehen Alpargatas für den Weg. Für Menschen, die gehen, um etwas zu verändern. Die nicht stehenbleiben, sondern für ein besseres Leben kämpfen. TEXT UND FOTOS: Berta Marisa Soto FMM Beim Schneiden des Stoffes zählt auch die genaue Schuhgröße.
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