Denn wie Rubem Alves in einem Interview für die Zeitschrift »Pazes« im Jahr 2018 sagte: »Erziehen heißt, denen das Leben zu zeigen, die es noch nicht gesehen haben. Der Erzieher sagt: ›Schau!‹ und zeigt dabei auf etwas. Der Lernende schaut in die angegebene Richtung und sieht, was er noch nie gesehen hat. Seine Welt erweitert sich. Er wird innerlich reicher [...]. Und indem er innerlich reicher wird, kann er mehr Freude empfinden.« Diese Passage von Alves feiert den Akt des Lehrens und Lernens als eine Entdeckungsreise und das, was dieser Akt in Pädagogen, Schülerinnen und Schülern sowie in zukünftigen Generationen bewirken kann. In unserer Familienlandwirtschaftsschule werden während des Unterrichts vor allem komplexe und aktuelle Themen im Zusammenhang mit Tierwohl und Tierhaltung sowie Pflanzenanbau und Pflanzenzucht in Zeiten des Klimawandels behandelt. Aber auch Sprache und Literatur, Geschichte und die sogenannten »Mint«-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) gehören, wie auch in anderen Schulen, zum Lehrplan dazu. Jedoch fühlt sich unser Lehrerkollegium auch dazu berufen, informelle Konzepte wie die Schönheit der Bäume, die Symmetrie des Laubs, das Konzert der Vögel im Freien, die Wärme der Sonne und die Wertschätzung von Umarmungen und Freundschaften zu lehren und zu lernen. Auf diese Weise weckt die Sensibilität bei unseren Schülerinnen und Schülern, die fast immer aus sozial benachteiligten und am gesellschaftlichen Rand lebenden Familien stammen, in ihnen das Gefühl der Dankbarkeit. Und sie bilden den Willen, ihr Wissen für die Entwicklung ihres Lebensumfelds einzusetzen, indem sie zum Beispiel die Erde, auf der sie ihre Nahrungsmittel anbauen, respektieren. Rubem Alves meinte: »Wissen gibt uns die Mittel zum Leben. Weisheit gibt uns Gründe zum Leben.« In diesem Prozess des Gebens und Nehmens durch Wissenserwerb und gegenseitigen Austausch werden wir eine nachhaltige Zukunft in unserem gemeinsamen Zuhause aufbauen, zu dem wir alle gehören. Die Autorin Kátia Balbino da Conceição ist Leiterin der Familienlandwirtschaftsschule in Vitorino Freire, die Unterricht von der 1. bis zur 9. Klasse anbietet. Übersetzung aus dem Portugiesischen: Márcia Santos Sant’Ana Gemeinsames Arbeiten stärkt den Zusammenhalt und lässt kreative Ideen entstehen. Die Bodenfeuchtigkeit im Salathochbeet wird immer sorgfältig kontrolliert. Tiere heranwachsen zu sehen und ein Gefühl für ihr Wohlbefinden zu entwickeln, gehören ebenfalls zum praktischen Unterricht. 24 | 25
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