22.08.2025 Bruder Stefan Federbusch

Widerspruch um des Friedens willen

| Jetzt | Der Kommentar der Woche

Oft ist das, was uns beschäftigt und besorgt, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.


Bruder Stefan Federbusch

Für viele, die wie ich das Heilige Land und seine Bevölkerung schätzen, ist jede Ankündigung eines weiteren Siedlungsbaus eine große Enttäuschung, da sie die Aussicht auf Frieden immer weiter minimiert. Der ultrarechte Finanzminister Bezael Smotrich, zugleich Minister im Verteidigungsministerium mit Zuständigkeit für zivile Angelegenheiten im Westjordanland, hat die Intention der israelischen Regierung klar benannt: Damit sei die Idee eines palästinensischen Staates und somit eine Zwei-Staaten-Lösung endgültig „begraben“. Die Baupläne seien „Zionismus in seiner besten Form“ und stärkten Israels Souveränität. Sie sind ein weiterer Schritt zu einem „Groß-Israel“. Sollten weitere Staaten wie Frankreich, Kanada und Australien einen palästinensischen Staat anerkennen, könnte Israel mit der Annexion des Westjordanlands reagieren.

Der Planungsausschuss hat in dem E1 (East 1) genannten Gebiet 3.400 neue Wohneinheiten bewilligt. Sie bedeuten die Vertreibung der rund 4.000 dort lebenden Beduinen. Der betreffende Bereich zwischen Ost-Jerusalem und der Siedlung Maale Adumim würde faktisch das 1980 annektierte Ostjerusalem vom palästinensischen Westjordanland abtrennen und in einen Nord- und einen Südteil teilen. Ein zusammenhängendes Territorium für einen künftigen palästinensischen Staat würde erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Durch die völkerrechtswidrige Siedlungspolitik mit ihrer Zerstückelungstaktik wird die Bewegungsfreiheit der rund 3 Mio. Palästinenser im Westjordanland seit Jahren systematisch immer weiter eingeschränkt. Ähnlich werden die militärischen Aktionen zur Einnahme von Gaza-Stadt nur weiteres unerträgliches Leid unter der Zivilbevölkerung verursachen und nicht zur Befriedung beitragen. Die deutsche Bundesregierung hat die Pläne scharf kritisiert und einen teilweisen Waffenexportstopp verhängt.

Eine Politik, die ungerechte Verhältnisse permanent durch institutionalisierte Planungsgewalt verschärft und mit „Sicherheitsinteressen“ begründet, ist schlicht unglaubwürdig und kontraproduktiv, da sie durch ihr Handeln die Sicherheit eher gefährdet und einen Frieden in immer weitere Ferne rückt. Zudem untergräbt sie völkerrechtliche Standards politischen Handelns. Wenn eine Seite permanent das Völkerrecht und UN-Resolutionen ignoriert, muss sie sich nicht wundern, wenn auch die andere Seite sich nicht mehr an bisherige Normen gebunden sieht. Dies gilt nicht nur für Israel, sondern auch für viele weitere Staaten, die durch ihr Agieren die bislang halbwegs funktionierende Weltordnung aushebeln. Eine mehr als beunruhigende Situation, für die es keine einfache Lösung gibt. Frieden lässt sich nicht verordnen – doch wer Frieden durch gezielte Maßnahmen torpediert und bewusst verunmöglicht – dem muss widersprochen werden.


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