
Die Botschaft des heiligen Franziskus – unsere Verbundenheit mit der gesamten Schöpfung – findet auch in internationalen Debatten über Umweltpolitik Widerhall. Am eindrücklichsten ist dies in der Entscheidung der UN-Generalversammlung von 2022 sichtbar, die eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt als Menschenrecht anerkannte.
„Es gibt viele inspirierende religiöse und spirituelle Texte, die sich in einem Punkt einig sind: Wir als Menschen sind ein Teil der Natur und als solcher von ihr abhängig. Wir sind mit unserer Umwelt verbunden und müssen sie respektieren“, sagt Astrid Puentes Riaño, UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf eine gesunde Umwelt. „Solche Texte waren auch bei Prozessen wie dem Pariser Abkommen nützlich, wo sie dazu beitrugen, die Verhandlungen zu inspirieren und die Bedeutung der Ergebnisse zu verstehen.“
Eine besondere Berufung
Als Sonderberichterstatterin ist Astrid Puentes Riaño Teil des sogenannten „Sonderverfahrens“ des Menschenrechtsrats. Sonderberichterstatterinnen wie sie sind Expertinnen auf ihren Gebieten und führen Forschungs- und Erkundungsmissionen zu einzelnen Ländern oder bestimmten Menschenrechtsfragen durch und berichten der internationalen Gemeinschaft ihre Ergebnisse. Im Zuge dieser Arbeit wenden sie sich häufig an zivilgesellschaftliche Organisationen wie Franciscans International, um Informationen darüber zu sammeln, was vor Ort wirklich passiert. Obwohl der Menschenrechtsrat die Mandate erteilt, sind Sonderberichterstatterinnen Sonderberichterstatter unabhängig, werden nicht bezahlt und aufgrund ihrer Fachkenntnisse ernannt. Manchmal geraten sie öffentlich mit Staaten aneinander, weil sie Menschenrechtsverletzungen anprangern.
Bevor Frau Riaño 2024 in diese Position berufen wurde, arbeitete sie mehr als zwanzig Jahre lang an der Schnittstelle von Umweltrecht, Menschenrechten und Klimawandel. In ganz Lateinamerika unterstützte sie Gemeinden und indigene Völker, die für den Schutz ihrer Länder kämpften. Mit ihrer akademischen Expertise war sie eine der führenden Aktivistinnen, die die UN-Generalversammlung dazu drängten, das Menschenrecht auf eine gesunde Umwelt anzuerkennen. Im vergangenen Jahr arbeitete sie auch mit Franciscans International zusammen, um einen neuen Leitfaden zu erstellen, der genau erklärt, was das Recht auf eine gesunde Umwelt bedeutet und wie Menschen es nutzen können.
Das Recht auf eine gesunde Umwelt umfasst verschiedene wesentliche Elemente, die respektiert werden müssen, wie saubere Luft, ein sicheres Klima, gesunde Lebensmittel und sauberes Wasser. Aber auch verfahrenstechnische Elemente wie der Zugang zu Gerichten und Informationen sowie die Beteiligung der Öffentlichkeit sind darin enthalten.
Der Fall von La Oroya
Das Konzept selbst ist nicht neu: Über 150 Länder erkennen das Recht auf eine gesunde Umwelt bereits als Teil ihrer nationalen Gesetze oder regionalen Verträge an. In manchen Ländern hat dies zu einigen sehr konkreten positiven Ergebnissen geführt. „La Oroya ist eine Kleinstadt in den peruanischen Anden, die in den 1990er-Jahren als einer der am stärksten verschmutzten Orte der Welt galt. Fast jedes Kind in der Gegend hatte gefährlich hohe Bleiwerte im Blut“, sagt Frau Riaño. Die Quelle des Bleis und anderer Schadstoffe war die örtliche US-amerikanische Eisenschmelzerei. Obwohl die Gemeinde schon früh Alarm schlug, weigerte sich das Unternehmen, seine Emissionen zu regulieren, und die Regierung leugnete die von der Gemeinde vorgelegten Beweise. Stattdessen schoben sie die Schuld auf durch die Stadt fahrende Lkw und mangelnde Hygiene. Die einzige Reaktion der Behörden bestand darin, eine Kampagne zum Händewaschen zu starten.
„Die Bewohnerinnen und Bewohner, hauptsächlich Frauen, kämpften jahrzehntelang für Gerechtigkeit und wurden dabei von den Behörden und dem für die Umweltverschmutzung verantwortlichen Unternehmen schikaniert. Vielen wurden ihre gesundheitlichen Probleme abgesprochen, und zahlreiche Familien waren gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen“, sagt Frau Riaño. „Dennoch blieben sie hartnäckig und verfolgten rechtliche Schritte auf allen Ebenen.“
Ein Anlass zur Hoffnung
Ihre Entschlossenheit brachte ihnen schließlich die Unterstützung ihres Erzbischofs und anderer internationaler Organisationen ein. Da die peruanische Verfassung das Recht auf eine gesunde Umwelt anerkennt, konnten die Bewohnerinnen und Bewohner von La Oroya ihren Fall bis vor den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen. Im Jahr 2024 entschied das Gericht zu ihren Gunsten, befand die peruanische Regierung einer langen Liste von Menschenrechtsverletzungen für schuldig und ordnete an, unverzüglich Maßnahmen zum Schutz des Lebens und der Unversehrtheit der in La Oroya lebenden Menschen zu ergreifen.
„Ich erwähne diesen Fall, weil ich jahrelang daran gearbeitet und miterlebt habe, wie die Gemeinschaft nie aufgegeben hat, weil sie davon überzeugt war, dass die nächste Generation sicher sein sollte. Sie waren die Inspiration für einen Prozess, der unmöglich schien, aber trotz aller Widrigkeiten gelungen ist“, erzählt Frau Riaño. „Wie in La Oroya gibt es auch in anderen Ländern viele Gruppen, die ihr Recht auf eine gesunde Umwelt schützen. So setzen sich in Guatemala Maya-Gemeinschaften für saubere, erneuerbare und sozial verantwortliche Energie ein. In Kanada und den USA gibt es indigene Völker, die ihre Flüsse schützen und retten. Studentinnen und Studenten appellieren an den Internationalen Gerichtshof, das Meer und das Klima zu schützen.“
Wir alle sind Teil der Natur
Vielleicht lehnen einige Regierungen das Recht auf eine gesunde Umwelt aufgrund dieser Erfolge und der Maßnahmen, die dadurch inspiriert wurden, ab. Andere argumentieren, dass ihre Zustimmung zur Resolution in der Generalversammlung eher als politische, nicht als rechtliche Unterstützung gedacht war und daher nicht bindend sei. Dennoch haben wir alle, die wir uns für den Schutz unseres gemeinsamen Zuhauses einsetzen, seit 2022 ein wirkungsvolles neues Instrument, das uns hilft, das Menschenrecht auf eine gesunde Umwelt einzufordern.
„Wir alle atmen, trinken Wasser, essen, arbeiten und spielen, brauchen saubere Räume und genießen die Ökosysteme und die Biodiversität um uns herum. Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, wir sind mit der Natur verbunden und ein Teil von ihr“, sagt Frau Riaño. „Das Recht auf eine gesunde Umwelt ist ein rechtlicher Weg, dies anzuerkennen. Es ist ein Instrument, das uns dabei helfen kann, Lösungen zu finden, die wir heute noch nicht sehen, die aber dringend benötigt werden, um eine gute Gegenwart und Zukunft zu gewährleisten, auch für die nächsten Generationen.“
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Zeitschrift der Franziskaner – Frühling 2025.