Oft ist das, was uns beschäftigt und uns besorgt, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.
In diesen letzten Tagen der Osterzeit hörten wir in der Liturgie immer wieder Abschnitte aus dem langen Gebet Jesu um die Einheit – zwischen dem Vater und Jesus und den Freundinnen und Freunden Jesu, mit ihm und dem Vater. Eins sein und Einigkeit scheint für Jesus das Anliegen schlechthin zu sein, wenn man zugrunde legt, dass dieses Gebet das mit Abstand längste von ihm überlieferte ist.
Was wäre das für ein Zeichen – wenn wir uns einig wären – z.B. Katholiken und Protestanten? Würde dann ein Wort Jesu aus ebendiesem Gebet wahr werden: „Vater, sie sollen ganz und gar eins sein, damit die Welt unsere unendliche Liebe erkennt.“ (vgl. Joh 17,23)? Das wäre doch eine wunderbare Motivation, die Unterschiedlichkeiten als Herausforderungen anzunehmen, um dadurch Gottes Liebe erkennbar werden zu lassen.
Diese Sehnsucht nach Einheit, die in Jesu Gebet zum Ausdruck kommt, sollen sich alle zu Herzen nehmen. Wahrlich katholisch oder wahrlich evangelisch sind die Christen, die wahrlich ökumenisch die Sehnsucht Gottes zur Einheit teilen. Das heißt für mich auch zu tolerieren, dass das, was mir wichtig ist, anderen sogar egal sein kann. Das und noch viel Schwierigeres betet Jesus: „Ich habe ihnen dein Wort gegeben und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin.“ (Joh 17,14)
In diesen Tagen wurde in einem Massengrab mutmaßlich die Leiche des 2013 in Syrien verschollenen Jesuiten Paolo Dall’Oglio gefunden. Er hat sich für die Einheit der Christen und aller Religionen eingesetzt und im Kloster Deir Mar Musa al-Habashi ein Zentrum für Ökumene und interreligiösen Dialog aufgebaut. Dafür haben ihn die Radikalen von Regierung und Opposition gehasst.
Auch wenn dies schockierend ist, ich glaube, dass es sich mehr als lohnt, für die Einheit einzustehen – und hoffe, dass auch das Zeugnis von Pater Paolo als Geheimnis unseres Glaubens, im Tod ist das Leben, Frucht bringen kann.
Der Blick zurück, der Blick nach vorn, und der Blick nach innen.
Franziskaner kommentieren, was wichtig ist.
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