
Wenn Worte Gestalt annehmen, dann wird aus einer gedachten Idee oder einem gesprochenen Satz etwas, das ich sehen und greifen kann.
Das erlebte auch unser Ordensgründer Franz von Assisi. Zuerst war es ein Gedanke, eine Idee. Dann äußerte er in Worten einen Wunsch, und viele Hände halfen mit, dass daraus ein unvergessliches Ereignis wurde. Und aus jenem Weihnachtsfest 1223 – vor gut 800 Jahren – entstand unsere Weihnachtskrippe.
Wenn Worte Gestalt annehmen, dann wird aus dem gesprochenen Wort etwas, das Hand und Fuß bekommt.
Mich fasziniert es, welche Fantasie, Leidenschaft und Dynamik die Krippenbaukunst entfaltete, in der Betrachtung und künstlerischen Umsetzung des einen Satzes aus dem Lukas Evangelium: „Es kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft; und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen, wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war“ (Lk 2,7).
Wenn Worte Gestalt annehmen, dann wird aus einer gedachten Idee oder einem gesprochenen Satz etwas, das ich sehen und begreifen kann.
Und genau das macht die Szene so bedeutsam: Die Geburt Jesu geschieht nicht in einem Palast oder Tempel, sondern in einem Stall – mitten unter Tieren, in der Einfachheit und Nähe zur Natur. Diese Bescheidenheit wird in der christlichen Tradition später immer wieder betont: Gott wird Mensch, nicht als König mit Macht und Glanz, sondern als Kind in Armut.
Die Weihnachtskrippe ist weit mehr als eine schöne Tradition oder fromme Dekoration. Sie ist ein Spiegel unseres Glaubens und unserer Menschlichkeit. Sie erzählt von einem Gott, der Mensch wird – klein, hilflos, mitten im Alltag. Sie erinnert uns daran, dass das Wesentliche im Leben nicht Macht, Geld oder Glanz ist, sondern Liebe, Demut und Barmherzigkeit.
Vielleicht liegt gerade darin ihre ungebrochene Anziehungskraft. Wenn wir uns jedes Jahr vor die Krippe stellen, sehen wir nicht nur eine alte Geschichte aus vergangenen Zeiten – wir sehen etwas, das uns selbst betrifft: die Sehnsucht nach Frieden, Gemeinschaft und Hoffnung.
Koni Engler und Pfarrer Ueli Greminger aus der Schweiz haben das „Großer Gott, wir loben dich“ (GL 380) franziskanisch umgedichtet mit folgenden drei Strophen:
- Kleiner Gott, wir lieben dich. Kind, uns rührt das Schwache, Zarte. Wieder zeigt an Weihnacht sich: Weiches bricht das Starke, Harte. Klein fängst du auf Erden an, dass der Mensch dich lieben kann.
- Gott zeigt sich als Menschenkind, denn wir fürchten seine Größe. Weil wir eingeschüchtert sind, zeigt sich Gott in seiner Blöße. Und er zittert und er friert, dass der Mensch die Angst verliert.
- Kleiner Gott, dich lieben wir. Klein ist noch dein Reich auf Erden. Schwache Menschen dienen dir, und dein Reich wird größer werden. Friede sei in deinem Haus und dring in die Welt hinaus.
Möge der Mensch gewordene Gott das Kleine, Unscheinbare und Minderwertige unseres Lebens zum Anbruch eines großartigen Gesamt-Ensembles unseres Lebens vollenden und darin seine vollkommene Liebe entfalten.
Im Namen aller Franziskaner wünsche ich Ihnen ein friedvolles, einmütiges und gesegnetes Weihnachtsfest!