Oft ist das, was uns beschäftigt und besorgt, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.

Derzeit drohen immer mehr demokratische Staaten in Autokratien abzugleiten. Zwei Drittel der Bundesbürger halten unsere Demokratie aktuell für unzureichend. Angesichts dieser zunehmenden Frustration in Bezug auf das politische Handeln könnte ein Ansatz zur Stärkung der Demokratie eine intensivere Beteiligung etwa in Form von Bürgerräten sein. Die Menschen wollen gehört werden, sich einbringen und sich als selbstwirksam erfahren.
Eine Möglichkeit der direkten Partizipation sind Bürgerentscheide. In München hat gerade ein solcher Bürgerentscheid stattgefunden. Zweidrittel der immerhin vierzig Prozent, die sich beteiligt haben, stimmten für eine Münchner Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele der Jahre 2036, 2040 oder 2044.
War das nun ein Glanzstück gelebter Demokratie? Meines Erachtens nicht, denn die Wahlunterlagen waren keineswegs neutral, sondern enthielten ausschließlich die Imagebroschüre der Wahlbefürworter. Die Kritiker beklagten einen Kampf David gegen Goliath und dass sich eine „Übermacht aus Wirtschaft, Lobbyinteressen und PR-Maschinen“ gegen eine Handvoll engagierter Freiwilliger durchgesetzt hätte. Soll Demokratie wirklich lebendig und glaubwürdig gelebt werden, so müssen die Argumente beider Seiten abgewogen werden können.
Mit Blick auf das Schweizer Modell der Konkordanzdemokratie ist zu fragen, ob nicht auch in Deutschland mit seiner Konkurrenzdemokratie mehr Prozesse unter größerer direkter Beteiligung zivilgesellschaftlicher Gruppen stattfinden könnten. Gerade in einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft wäre es hilfreich, Konflikte im „gütlichen Einvernehmen“ durch Kompromisse und Interessensausgleich zu schlichten und bestimmte Fragen an „runden Tischen“ zu klären. Zwar sind Konsensbeschlüsse zeitaufwendig und oft mühsam, sie führen aber zu mehr Zufriedenheit auf allen Seiten. Entscheidungen könnten zumindest im Konsens getroffen werden, was bedeutet: Ich habe keinen schwerwiegenden Einwand im Blick auf das gemeinsame Ziel. Angesichts des „demokratischen Ermüdungssyndroms“ brauchen wir dringend neue Beteiligungsformate in unserer Demokratie, um sie als „Herrschaft des Volkes“ funktionsfähig und lebendig zu erhalten.
PS: Auf die Problematik hat David Van Reybrouck in seinem provokanten Buch „Gegen Wahlen – Warum Abstimmen nicht demokratisch ist“ 2017 aufmerksam gemacht.
Der Blick zurück, der Blick nach vorn, und der Blick nach innen.
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